Vorzeige-HTL Mödling
Von Ute Brühl
Finnland gilt vielen als das gelobte Land der Bildung. Dabei hat auch Österreich vorbildliche Schulen: Das berufsbildende Schulwesen ist ein Erfolgsmodell und erregt international zunehmend Aufmerksamkeit. Davon ist Harald Hrdlicka, Direktor der HTL Mödling überzeugt.
Vor drei Jahren besuchten zum Beispiel einige Briten die größte Schule Österreichs: „Die Delegierten waren angetan von unserem System. Denn ihrem Land, das einst der Vorreiter der Industrialisierung war, gehen die Ingenieure aus.“ Mittlerweile sind Mödling und Birmingham Partner: In England entstanden „University Technical Colleges“ für Oberstufenschüler. Kontakte gibt es auch nach Slowenien und China.
Die technische Schule bietet nicht nur eine solide Ausbildung, sondern gibt auch Jobsicherheit: „Die Arbeitslosenquote der HTL-Absolventen liegt bei 0,87 Prozent. Also praktisch bei Null“, freut sich Hrdlicka. Potenzielle Arbeitgeber stellen sich jährlich in Mödling vor und werben hier um die zukünftigen Fachkräfte.
Freude am TunAber das ist nicht der Hauptgrund, warum sich Schüler für die HTL entscheiden. Jennifer, eine angehende Innenarchitektin, liebt die Arbeit mit Holz: „Es macht mehr Spaß, mit den Händen zu arbeiten als im Unterricht zu sitzen.“ In der 2. Klasse müssen sie und ihre Mitschüler ein Möbelstück herstellen: Pläne zeichnen, Bretter zuschneiden, Schubladen, Türen und Kasterl zusammenbauen.
Zwei Gebäude weiter arbeiten die Mechatroniker. Werkstättenleiter Josef Niederberger – seit mehr als 30 Jahren leidenschaftlicher Lehrer – wacht über die Arbeit seiner Schüler. In die Klage vieler, die Jugend von heute sei schlecht erzogen und faul, stimmt er nicht ein: „Die jungen Leute sind nicht anders als wir früher.“ Auf seine Schützlinge ist er spürbar stolz – und auf ihre Konstruktionen, die er in einer Vitrine gesammelt hat, z. B. einen Artikulator, eine Mechanik, die menschliche Kieferbewegungen simuliert. Diese Abschlussarbeit erhielt einen Jugend-Innovativ-Preis.
Acht Schüler arbeiten im Schnitt in einer Werkstätte an Fräsen, Drehbänken oder Bohrern. Der Lehrer muss immer ein Auge auf die Burschen und Mädchen haben. Ohne Sicherheitsschuhe, Schutzbrille und zugeknöpften Arbeitsmantel darf niemand an die Maschinen. Nebenbei bleibt meist Zeit für einen Plausch. „Die Jugendlichen erzählen mir viel. Manchmal weiß ich mehr als die Eltern.“
Zum politischen Thema wurden die Werkstätten durch den Vorschlag von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek, hier in größeren Gruppen zu unterrichten. Doch diese Einsparung ist nicht die größte Sorge des Direktors: „Die Einführung der modularen Oberstufe macht mir mehr Sorgen.“ Warum? „Der administrative Aufwand ist erheblich. Die dafür notwendigen Werkzeuge gibt es noch nicht.“ Auch für die Schüler werde es schwieriger, weil sie immer einen Überblick haben müssen, welches Modul sie noch machen müssen.
Eine Hürde, die die HTL meistern werden. Für junge Menschen ist der Schultyp immer noch attraktiv, haben sie doch Matura und Berufsausbildung in einem.