Stadtschulrat verbietet "Schülerstreik"
Von Ute Brühl
Die Drohung der Schüler, wegen der Zentralmatura in den Streik zu treten, macht die Verantwortlichen offensichtlich nervös. Sie wollen den Schülern das Streiken einfach verbieten. Hintergrund: Schüler proben den Aufstand, weil die ersten Schularbeiten, die nach dem Benotungssystem der Zentralmatura bewertet wurden, extrem schlecht ausgefallen sind. Sie drohten gar, die Matura zu boykottieren Diesen Protest will der Wiener Stadtschulrat nun im Keim ersticken: In einem Rundschreiben an die Schulleiter der Wiener Gymnasien heißt es , dass die Teilnahme von Schülern an Demonstrationen „keine Angelegenheit sei, die unter der Verantwortung der Schule stattfinden darf.“ In dem eMail, das am Montag verschickt wurde, droht die Behörde: Wenn Schüler demonstrieren gehen, werde das als unentschuldigte Fehlstunde gewertet. Der Unterricht habe plangemäß stattzufinden.
Hier das Mail im Original:
Von: KRÜGLSTEIN Petra Im Auftrag von DANGL Gabriele
Gesendet: Montag, 2. Dezember 2013 14:04
Betreff: SchülerInnenstreik
Sehr geehrte Frau Direktorin!
Sehr geehrter Herr Direktor!
Im Hinblick auf die Streikdrohungen diverser Schülervertretungen im Zusammenhang mit der Einführung der „Zentralmatura“ möchte Sie der SSR für Wien an folgenden Sachverhalt erinnern:
Gemäß § 43 Abs. 1 des Schulunterrichtsgesetzes sind die Schüler/innen verpflichtet, den Unterricht während der vorgeschriebenen Unterrichtszeit regelmäßig und pünktlich zu besuchen.
Beim Fernbleiben vom Unterricht zwecks Teilnahme an einer Schülerdemonstration handelt es sich um keine gerechtfertigte Verhinderung iSd § 45 SchUG bzw. § 9 des Schulpflichtgesetzes. Das eigenmächtige Fernbleiben vom Unterricht ist somit schulrechtlich nicht zulässig und führt zu unentschuldigten Fehlstunden.
Die Teilnahme von Schüler/innen an Demonstrationen ist keine unter der Verantwortung der Schule stattfindende Angelegenheit. Im fraglichen Zeitraum hat regulärer Unterricht stattzufinden.
Mit freundlichen Grüßen
Mag.aGabriele Dangl
Nachstehend ausführliche Informationen zu den gesetzlichen Grundlagen:
Schulunterrichtsgesetz § 45:
(1) Das Fernbleiben vom Unterricht ist nur zulässig:
a) bei gerechtfertigter Verhinderung (Abs. 2 und 3),
b) bei Erlaubnis zum Fernbleiben (Abs. 4),
c) bei Befreiung von der Teilnahme an einzelnen Unterrichtsgegenständen (§ 11 Abs. 6).
(2) Eine gerechtfertigte Verhinderung ist insbesondere: Krankheit des Schülers; mit der Gefahr der Übertragung verbundene Krankheit von Hausangehörigen des Schülers; Krankheit der Eltern oder anderer Angehöriger, wenn sie vorübergehend der Hilfe des Schülers unbedingt bedürfen; außergewöhnliche Ereignisse im Leben des Schülers oder in der Familie des Schülers; Ungangbarkeit des Schulweges oder schlechte Witterung, wenn die Gesundheit des Schülers dadurch gefährdet ist; Dauer der Beschäftigungsverbote im Sinne der Bestimmungen über den Mutterschutz.
(3) Der Schüler hat den Klassenvorstand oder den Schulleiter von jeder Verhinderung ohne Aufschub mündlich oder schriftlich unter Angabe des Grundes zu benachrichtigen. Auf Verlangen des Klassenvorstandes oder des Schulleiters hat die Benachrichtigung jedenfalls schriftlich zu erfolgen. Bei einer länger als eine Woche dauernden Erkrankung oder Erholungsbedürftigkeit oder bei häufigerem krankheitsbedingtem kürzerem Fernbleiben kann der Klassenvorstand oder der Schulleiter die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verlangen, sofern Zweifel darüber bestehen, ob eine Krankheit oder Erholungsbedürftigkeit gegeben war.
(4) Auf Ansuchen des Schülers kann für einzelne Stunden bis zu einem Tag der Klassenvorstand, darüber hinaus der Schulleiter (der Abteilungsvorstand) die Erlaubnis zum Fernbleiben aus wichtigen Gründen erteilen. Als wichtige Gründe sind jedenfalls Tätigkeiten im Rahmen der Schülervertretung zu verstehen.
(5) Wenn ein Schüler einer mittleren oder höheren Schule länger als eine Woche dem Unterricht fernbleibt, ohne das Fernbleiben zu rechtfertigen (Abs. 3) und auch auf schriftliche Aufforderung hin eine Mitteilung binnen einer weiteren Woche nicht eintrifft, so gilt der Schüler als vom Schulbesuch abgemeldet (§ 33 Abs. 2 lit. c). Die Wiederaufnahme des Schülers ist nur mit Bewilligung des Schulleiters zulässig, die nur dann zu erteilen ist, wenn das Fernbleiben nachträglich gerechtfertigt wird und die Unterlassung der Mitteilung an die Schule aus rücksichtswürdigen Gründen unterblieben ist.
(6) Für die der Schulpflicht unterliegenden Schüler sind anstelle der vorhergehenden Absätze § 9, § 22 Abs. 3 und § 23 des Schulpflichtgesetzes 1985 anzuwenden.
(7) Das Fernbleiben vom Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen ist nur zulässig:
a) bei gerechtfertigter Verhinderung (Abs. 2 und 3),
b) bei Erlaubnis zum Fernbleiben, die aus vertretbaren Gründen vom Schulleiter oder Leiter des Betreuungsteiles zu erteilen ist.
Schulpflichtgesetz § 9:
(1) Die in eine im § 5 genannte Schule aufgenommenen Schüler haben den Unterricht während der vorgeschriebenen Schulzeit regelmäßig und pünktlich zu besuchen, auch am Unterricht in den unverbindlichen Lehrgegenständen, für die sie zu Beginn des Schuljahres angemeldet wurden, regelmäßig teilzunehmen und sich an den verpflichtend vorgeschriebenen sonstigen Schulveranstaltungen zu beteiligen.
(2) Ein Fernbleiben von der Schule ist während der Schulzeit nur im Falle gerechtfertigter Verhinderung des Schülers zulässig.
(3) Als Rechtfertigungsgründe für die Verhinderung gelten insbesondere:
1. Erkrankung des Schülers,
2. mit der Gefahr der Übertragung verbundene Erkrankungen von Hausangehörigen des Schülers,
3. Erkrankung der Eltern oder anderer Angehöriger, wenn sie der Hilfe des Schülers bedürfen,
4. außergewöhnliche Ereignisse im Leben des Schülers, in der Familie oder im Hauswesen des Schülers,
5. Ungangbarkeit des Schulweges oder schlechte Witterung, wenn die Gesundheit des Schülers dadurch gefährdet ist.
(4) Die Verwendung von Schülern zu häuslichen, landwirtschaftlichen, gewerblichen oder sonstigen Arbeiten sowie die Mitnahme von Schülern auf die Wanderschaft durch Personen, die eine Wanderbeschäftigung ausüben, ist nicht als Rechtfertigungsgrund für eine Verhinderung anzusehen.
(5) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes haben den Klassenlehrer (Klassenvorstand) oder den Schulleiter von jeder Verhinderung des Schülers ohne Aufschub mündlich oder schriftlich unter Angabe des Grundes zu benachrichtigen. Auf Verlangen des Schulleiters hat die Benachrichtigung jedenfalls schriftlich und bei einer länger als eine Woche dauernden Erkrankung oder Erholungsbedürftigkeit allenfalls unter Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses zu erfolgen.
(6) Im Übrigen kann die Erlaubnis zum Fernbleiben aus begründetem Anlass für einzelne Stunden bis zu einem Tag der Klassenlehrer (Klassenvorstand) und für mehrere Tage bis zu einer Woche der Schulleiter erteilen. Die Entscheidung des Klassenlehrers (Klassenvorstandes) bzw. des Schulleiters ist im Instanzenzug der Verwaltung durch Rechtsmittel nicht anfechtbar. Für die Erlaubnis zu längerem Fernbleiben ist die Schulbehörde erster Instanz, für die allgemeinbildenden Praxisschulen gemäß § 33a Abs. 1 des Schulorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962, in der jeweils geltenden Fassung, jedoch der Bezirksschulrat zuständig, gegen deren Entscheidung kein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist.