Leben/Reise

Toledo: Wo die Säbel rasseln lernen

... Im konkreten Fall sogar Kulturen. Toledo, eine holprige Einstunden-Busfahrt von Madrid entfernt, offenbart wie kein anderer Ort die multikulturellen Einflüsse der iberischen Halbinsel. Juden, Christen, Muslime – alle hinterließen Spuren in den uralten Straßen und Mauern der Festungsstadt. Aber die Überbleibsel der Glanzzeiten der „Tres Culturas“-Koexistenz reichen über Glaubensgebäude hinaus: Bis heute finden sich Spuren im florierenden Kunsthandwerk Toledos.

Als abgestumpfte Reisende bin ich quietschbunte Souvenirshops mit der authentischen Aura eines Disneylands gewöhnt. Also schienen mir die Läden der Altstadt Toledos mit ihren leuchtenden Schwert- und Schmuckauslagen zuerst wie eine weitere Touristenfalle. Nicht verwunderlich, immerhin warb manch Toledaner im Schaufenster mit Bilbo Beutlins Dolch. Weil Hauptsache irgendwas mit Mittelalter.

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In einer Gasse abseits der Touristentrauben trat meiner Reisegruppe plötzlich ein ergrauter Herr mit hochgekrempelten Hemdärmeln und überzeugend aufrechter Haltung entgegen. Er winkte uns freundlich in den niedrigen Seiteneingang eines Hauses, das sicher zehnmal so alt wie er war. Über der massiven Holztür mit Eisenbolzen das Schild „Artesania Burgueño“. In einem Moment des Übermuts folgten wir dem neuen Freund.

Sogleich ergoss sich auf uns ein Vortrag über die lange Tradition des Schmiedens und Verzierens von Damaszenerstahl in Toledo, dem „Damasquino“: Nach der arabischen Eroberung kam im Jahr 711 das Kunsthandwerk in die Stadt, deren Schmiede schon lange vorher Hannibal ein Schwert geschaffen hatte, mit dem er die Römer in Schrecken versetzte.

Im hellsten Teil des Gebäudes werkelte ein Mann vor einem breiten Fenster gebuckelt über einer zierlichen Souvenir-Brosche. Ich war enttäuscht – nach den Erzählungen über Eroberungszüge hatte ich mir ein Schwert auf seiner Werkbank erhofft. Aber ein genauer Blick offenbarte mir die chirurgischer Präzision, mit der er filigrane Muster in die schwarze Platte arbeitete. Mit jeder Handbewegung traten unter dem schwarzen Obermaterial goldene Vogelflügel, Pflanzenranken und Blüten definierter ans Licht.

Natürlich gab es am Ende der Tour den obligaten Verkaufsraum – voll polierter Schwerter, Teller und Schmuck. Und natürlich stand dort unser Freund erwartungsvoll hinter seinem kleinen Verkaufstresen. Mir wurde bewusst: Manchmal muss man in die Touristenfalle tappen, um Schätze zu entdecken. In der alten Werkstatt steckt das Handwerk, das schon den Römern eine Heidenangst eingejagt hatte und später die toledanischen Katholiken in Bedrängnis brachte. Ein pragmatisches Handwerk, das sich an die Zeiten ohne Schwerter angepasst und stattdessen auf Souvenirs umgesattelt hat. Sophie neu

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