Leben/Gesellschaft

Mathematik-Matura: „Als die Noten da waren, war es ein Schock“

„Es war eine Überraschung für mich. Normalerweise bin ich ziemlich gut in der Schule und Mathe verstehe ich eigentlich auch“, sagt Martin K. (Name geändert). Er besucht die Handelsakademie (HAK) Sacre Coeur in Wien. Am Montag haben Österreichs Schüler offiziell die Ergebnisse der schriftlichen Matura erfahren. Martin K. hat ein Nicht genügend in Mathematik. Laut ersten Hochrechnungen des Bildungsministeriums vom Freitag geht es etwa jedem fünften Schüler dieses Jahr so.

„Ich wusste, dass es schwierig war, weil so viele Fallen eingebaut waren und so viel Text war. Aber ich dachte, dass sich eine Drei ausgeht“, sagt Martin K. enttäuscht. In seiner Klasse habe sich am Montag ein „Drama“ abgespielt. Schon im Vorfeld hätte es Gerüchte von Lehrern gegeben, dass die Matura schlecht ausgefallen ist. Die Stimmung sei bereits angespannt gewesen. „Als dann die Noten da waren, war es ein Schock. Die Leute haben geweint und konnten es nicht fassen. Wir haben eigentlich lauter richtig gute Schüler“, fährt Martin fort. Auch Sabine L. (Name geändert), die die HAK in Hollabrunn besucht, hat einen Fünfer, wie sie am Montag erfahren hat. „Ich habe im Vorfeld viel gelernt und war recht optimistisch. Wenn ich die Vorjahresbeispiele durchgenommen habe, hatte ich immer ungefähr einen Dreier“, erzählt sie. In ihrer Parallelklasse hätte die Hälfte der Schüler ein Nicht genügend. „Wir haben den Stoff in dieser Form nicht geübt“, sagt sie.

Das kritisiert auch Simon Parisot. Der 18-Jährige ist Schulsprecher des Gymnasiums GRG 15 auf der Schmelz in Wien und sagt: „Von den Themenpools, die vorbereitet wurden, sind viele Randbeispiele gekommen, die nicht wirklich im Unterricht behandelt wurden.“ Auch in seiner Schule sei das Ergebnis wesentlich schlechter als im Vorjahr. „Die Schüler haben nicht so große Probleme in Mathe, die so viele Nachprüfungen rechtfertigen würden“, fährt er fort.

„Lehrer nicht schuld“

An den Lehrern würde es nicht liegen. „Sie unterrichten den vorgegebenen Stoff und dann kommt etwas anderes“, sagt Parisot. Auch der Schulsprecher von der HAK Sacre Coeur, Timo Steyer, meint: „Sie versuchen, uns so gut wie möglich vorzubereiten.“ Noch nie sei seinem Eindruck nach eine Matura in seiner Schule aber so schlecht ausgefallen, wie dieses Jahr. Parisot und Steyer haben die Matura noch vor sich. Sie wünschen sich, dass die von Bildungsminister Heinz Faßmann ( ÖVP) angekündigte Evaluierung ernstgenommen wird. Bundesschulsprecher Harald Zierfuß plädiert an alle mit einem Fünfer, bei der Kompensationsprüfung anzutreten.

Aber auch, wenn die Note noch positiv ausgebessert werden kann – Martin K. überlegt sich bereits jetzt Alternativen für seine Zukunft. Er wollte sich bei US-Universitäten bewerben, wo ausgezeichnete Notenschnitte erforderlich sind. Jetzt sieht er sich anderweitig um.