Kiku

Religion und Kulinarik: Gott (nicht) essen

Ein Kreuz, ein Gebetsteppich, eine Bibel, ein Koran liegen auf dem Tisch vor der Tafel. In den Reihen dieses Klassenzimmers der privaten Handelsakademie in der Franklinstraße (Wien Floridsdorf, VBS – Vienna Business School) studieren Jugendliche in Zweierteams Texte – jeweils einen aus der Bibel sowie einen aus dem Koran. Aus beiden heiligen Büchern – des Christentums und des Islam – zirkulieren je zwei Texte, die Begebenheiten rund ums Essen schildern. Essen im Zusammenhang mit den beiden genannten Weltreligionen ist das zentrale Thema an diesem Projektvormittag für die Schüler_innen der 2CK und der 3AK.

Natürliche contra Industrienahrung

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In einer anderen Station dreht sich alles um Ernährung – gesunde vs. Industrienahrung, Junkfood usw. Die jeweilige Gruppe – alle Jugendlichen durchlaufen in – klassen- und religionsmäßig gemischten Gruppen alle fünf Stationen – suchen hier Fotos aus Magazinen und Werbeprospekten, schneiden sie aus und bekleben damit einen Packpapierbogen mit Gegensatzpaaren. Nicole Mayer, Elena Kollarová, Leonie Tichy und Halime Muslin erläutern dem Kinder-KURIER, was hier genau passiert: „Wir haben uns schon vorher in verschiedenen Gegenständen von Geografie über Biologie bis Deutsch mit Ernährung, Nährwerten und so beschäftigt. Jetzt gestalten wir diese Collagen.“

Hat diese Beschäftigung damit, was gesund ist und was weniger, zur Veränderung des eigenen Verhaltens geführt?, will der KiKu wissen.

Verlegenes Schmunzeln bei den meisten. „Naja, uns ist es zumindest bewusst, dass die Industrienahrung viel mit Geschmacksverstärkern arbeitet und der Umstieg auf natürlichere Lebensmittel eine große Umstellung ist“, so Nicole Mayer. „Zu Hause und wenn mehr Zeit ist, dann ess ich schon gesünder, aber wenn ich raus geh, dann greif ich schon zum schnelleren Burger“, gesteht etwa Elena Kollarová. „Oder vor einer Schularbeit, da brauch ich beim Lernen Schokolade“, verrät Halime Muslin, – was von den Genannten und anderen, die hier an den Plakaten arbeiten großteils mit Kopfnicken für sich selbst bestätigt wird. „Ich setz mir ein Stück Schoko als Belohnung, wenn ich einen Abschnitt gelernt habe“, motiviert sich Leonie Tichy.

Um gesunde Ernährung zu fördern gibt es übrigens im Schulbuffet täglich Gratis-Obst. "Die Bananen sind in der Früh als erstes aus, aber es gibt dann auch noch anderes u.a. Äpfel", wird dem KiKu berichtet.

FairTrade

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Apropos Schokolade. Fair produziert und gehandelt die eine, die andere nicht – das kosten die Jugendlichen in der Station Fair Trade. Ebenso Orangensaft und – wer will – Kaffee. Die Verkostungen stehen aber am Ende der Aufgaben in dieser Station. Zunächst geht es ums Sammeln von Informationen und Wissen – aus Plakaten, Zeitungen und Broschüren -, um Preisvergleiche und das Lösen eines Quizes. Natürlich ist hier die Verkostung das Highlight – wie unter anderem an den Gesichtern von Angelina Blazina, Raphael Biberhofer, Alexa Lopez-Vizvary, Marietheres Schuster und Ibrahim Ölmez gut abzulesen ist.

Feste

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Weihnachten, Ostern, Ramadan und Opferfest steht auf dem Programm einer weiteren Station. Jugendliche der jeweiligen Religionen erzählen, was sie bei den genanten Festen selbst konkret getan und gegessen (im Ramadan nach Sonnenuntergang beim Fastenbrechen) haben. Vieles wussten die Jugendlichen schon, weil sie ja in gemeinsame Klassen gehen. „Über Weihnachten hab ich schon viel gewusst“, so Halime Muslin „und das mag ich auch selber sehr, wegen der Lichter, weil alles so geschmückt ist und alle zusammen kommen. Über Ostern hab ich noch nicht so viel gewusst.“ Ramadan ist auch den meisten christlichen Schüler_innen ein Begriff, weil sie von Mitschüler_innen kennen, dass die sich genau daran halten, den ganzen Tag nichts zu essen und zu trinken. Die christliche Fastenzeit (Fleisch, Alkohl) von Aschermittwoch bis Ostern wird eher weniger eingehalten.

Schneiden, würzen, kochen, backen

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Aber derzeit ist nicht Ramadan – diese Fastenzeit wandert mit dem Mondkalender jedes Jahr um zehn oder elf Tage nach vor. Und so betätigen sich alle auch in der Station Kochen. Ein Klassenzimmer ist kurzfristig zur improvisierten Küche geworden. Karotten, Erdäpfel und anderes Gemüse wird geschnitten, ebenso Petersilie usw. Fertiger Strudelteig wird ausgerollt, befettet und mit dem gut gewürzten Gemüsemix belegt, eingerollt, nochmals mit Fett bestrichen und ab aufs Backblech. Andere Strudel werden mit Blattspinat und Schafkäse gefüllt – sozusagen eine Art Börek. Ewan Bisschoff-Riedinger, Lukas Seinbauer und Lucas Nguyen waren die einfachen Strudel zu wenig kreativ, sie schnitten einige der Strudel in kürzere Teile und stellten sie zu einer Art Blume zusammen auf das Blech. Andere ringelten den Strudel zu einem Kreis.

Parallel wurden auch Kuchen gebacken, Blutorangen halbiert und ausgepresst, Joghurt und Wasser samt Gewürzen zu Ayran verquirlt, und Brot, das Profi-Köch_innen, die diese Station betreuen, schon fertig mitgebracht hatten, geschnitten.

Festmahl

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Highlight des Tages „natürlich“: Gemeinsames Essen auf einer festlich angerichteten großen Tafel im Festsaal der VBS Floridsdorf mit Gemüsesuppe, dem schon genanten Strudel, diversen Aufstrichen und nicht zuletzt Kuchen und türkischem Kaffee, der in einem großen Topf zubereitet worden war. Die Gemeinsamkeit beim Essen – das hat auch die oben erwähnten Texte in Bibel und Koran verbunden – und der Gedanke des Teilens auch die Feste – vor allem Weihnachten und das Opferfest. Die Gemeinsamkeit aber auch schon beim Kochen hatte es Elena Kollarová, Lea Maurer und Riccarda Titz angetan, sagen sie dem Kinder-KURIER beim Festmahl. „Collagen machen, Quiz, Texte analysieren, so etwas machen wir in der Schule ja oft, aber kochen, das war was Neues. Und wenn du zu Hause kochst, dann ja nie mit so vielen anderen Leuten gemeinsam. Das war für uns die beste Station“, finden die drei Jugendlichen – und strahlen dabei fast noch mehr Freude aus als beim gemeinsamen Essen.

Weiter geht's

Die schon erwähnten und weitere informative Plakate – werden zu einer Ausstellung zusammengebaut – für alle anderen Schüler_innen nach den Semesterferien. Und in den kommenden Jahren soll die Beschäftigung mit Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den Religionen noch in weiteren Lebensfeldern bearbeitet werden.

Fotos vom Projekttag

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