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Lese-Flashmob in der Bahnhofshalle

Da staunten Donnerstagmittag so manche Vorübergehende in der U- und S-Bahnhofshalle Am Handelskai in Wien nicht schlecht. An allen Ecken und Enden standen, lehnten oder saßen Kinder und Jugendliche – vertieft in Bücher, manche sogar in ordentlich dicke Wälzer wie Harry-Potter, Band 5. Einige der Kolleginnen und Kollegen der Lesenden verteilten kleine gelbe Flyer, die diesen Flashmob sozusagen erklärten. Ida hatte für ihre Mütze sogar einen Aufsatz aus Draht mit einem Papierschild gebastelt, auf das sie #lernegerne geschrieben hatte.

Lernen ohne Noten

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Die Flugblätter waren nicht alle gleich, es gab viele verschiedene. Auf einem stand, was die 11-jährige Vanessa geschrieben hatte. „Das hab ich in der Schule gut und gerne gelernt: schreiben, lesen, rechnen, kosmische Erziehung. Das hab ich für mein Leben gerne gelernt: gehen, sprechen, zeichnen, tanzen. Das haben wir im menschlichen Miteinander gelernt: Streit ohne Gewalt zu lösen, Freundschaften zu schließen. ---> Und das habe ich alles ohne Noten gelernt.“Auf der Rückseite fanden die Vorübergehenden, die die Zettel nahmen, dieselben Punkte als Fragen – was sie in der Schule oder im Leben bzw. im menschlichen Miteinander gelernt haben – ohne oder gerade weil sie dafür keine Noten bekommen haben. Als „Hausübung“, um sie einfach für sich in der U- oder S-Bahn oder im Bus beantworten zu können.

#lernegerne

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Diese Schule mit ihren ausschließlichen Mehrstufenklassen (1. bis 3., 4. bis 6. Sowie 7. Und 8. Schulstufe) hatte am 8. März 2018 ihren Aktionstag politische Bildung. Frauen-, Kinder-, Menschenrechte, Stationen einer Flucht und noch etliche andere Workshops verteilten sich über den gesamten Schultag. Zeichnen, schreiben, basteln, Theater spielen, Interviews filmen ... – vieles, wenn nicht sogar alles stand unter dem Motto #lernegerne. Mit diesem Hashtag bezeichnen die Kinder, Jugendlichen und ihre erwachsenen Lernbegleiter_innen, dass viel, gut und gerne gelernt wird – und das ganz ohne Noten, vielleicht sogar genau deswegen.Vieles davon filmen die Schüler_innen und speisen damit einen gleichnamigen YouTube-Kanal. Manches schreiben oder malen sie auf Plakate, die an den unterschiedlichsten Orten im Schulhaus hängen.

Video-Kanal

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Im Workshop Interview filmt gerade Olivia wie Valentin den Mitschüler Konstantin nach seinen Lernerfahrung hier fragt. Konstantin hatte seine erste Klasse Volksschule in einer anderen Schule – mit Noten, mit Einteilung in brave und schlimme Kinder und sehr viel Lehrer-Schreierei erlitten. Er wollte eine neue Schule finden. Beim ersten Besuch in der ILB sei ihm zwar manches „ein bisschen durcheinander“ vorgekommen, aber „viel freier mit viel mehr Raum, selber lernen zu dürfen“ – und damit eben gerne!Beim ersten Interview meldet sich sofort Lorenz, der bodenständig zum Besten gibt, keine Angst vor der Kamera zu haben. Und der das lernen hier „super“ findet.

Junge Frauenrechtlerin

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„Die ist cool“, meinten einige der Schüler_innen, die eben den Film über Malala Yousafzai gesehen habe. „Und mutig!“. Für sich selber könnte sich keine der Jugendlichen vorstellen, so wenig Angst zu haben, bei der eigenen Meinung und Überzeugung zu bleiben, wenn sogar das eigene Leben bedroht ist. Der Film lief am Donnerstag, dem internationalen Frauentag in einem der Klassenzimmer der Integrativen Lernwerkstatt Brigittenau.Aber ein bisschen von dem Mut auch in unsere Welt, die frei von diesen Bedrohungen ist, mitzunehmen - das überlegt die eine oder andere schon. Beispielsweise wenn nächstes Mal die Entscheidung ansteht, eine Lehrerin ein zweites oder drittes Mal etwas zu fragen, was noch immer nicht verständlich ist. „Die brüllt dann nämlich und da traut sich niemand mehr fragen“, wird erklärt. Ein bisschen an Malala denken und dann kann sich die eine oder andere vielleicht doch dazu aufraffen ;)

Fotos vom Aktionstag

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