Spannende, vielschichtige, berührende Version von "Ikarus oder Der Traum vom Fliegen" im Dschungel Wien.
Eine Ikarus-Geschichte der ziemlich anderen Art ist jene Version, die das Tanzensemble des Dschungel Wien auf die Bühne des großen Saals dieses Theaterhauses im Wiener MuseumsQuartier „zaubert“. Berührend, spannend, vielschichtig.
Die von der griechischen Sage inspirierte Geschichte sind hier mehrere große getanzte, wortlose Geschichten – auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Bestach das Trio Maartje Pasman, Rino Indiono und Steffi Jöris in allen bisherigen Produktionen vor allem durch mitreißenden, oft akrobatischen, extrem schwungvollen Tanz, so zeigen sie hier eine völlig neue Facette ihrer Tanzkunst – viel ruhiger, oft auch sehr kleine Bewegungen – nur mit Händen – und eine mehr oder minder durcherzählte Geschichte, das heißt eigentlich deren – mindestens – zwei.
Entwicklung oder/und Flucht
Die Story vom Vater Dädalus der dem Sohn Ikarus fliegen beibringt (Vogelfedern und Wachs als Fluggerät) und davor warnt, zu nahe an die Sonne zu kommen, wurde immer wieder schon als „coming of age“ wie Entwicklungsromane „neudeutsch“ genannt werden, interpretiert. Auch diese Geschichte steckt in der Dschungel-Version. Aber auch jene, dass die beiden ja flüchten mussten – aus dem Labyrinth des Minotaurus auf Kreta.
Eine Vielzahl an orangefarbenen Schwimmwesten legt von Anfang an die Flüchtlingsgeschichte nahe, lässt aber dennoch nicht zuletzt aufgrund der anfangs genial naiv im besten Sinn agierenden Maartje Pasman als Kind eben auch die Entwicklungsstory offen. Und Kinder, so das Trio über erste Vorstellungen mit jüngsten Zuschauer_innen, „sehen auch viele Abenteuergeschichten vom Kampf gegen Drachen und so weiter“ in so manchen der tänzerischen Szenen.