Das war 2014: Ur-Stonehenge und Exoplaneten
Man mag es kaum glauben: "90 Prozent der US-Amerikaner bezweifeln die Evolutionstheorie", "Das Wetter wird immer extremer", "Der Yeti ist ein Bär": Wer als Wissenschaftsjournalist die Begriffe "Anthropologie", "Astronomie", "Astrophysik", "Archäologie", "Biologie", "Genetik", "Geschichte", "Physik", "Paläontologie", "Zoologie" und all die anderen "-nomies" und "-logies" in seine Suchmaschine eingibt, erhält für das Jahr 2014 an die 50.000 Treffer. Darunter – siehe oben – Dinge, die eigentlich unmöglich ins 21. Jahrhundert passen können, scheinbar schon tausendfach geschrieben wurden oder einfach kurios anmuten.
Dauerbrenner
Das bald abgelaufene Jahre brachte uns aber auch die Erkenntnis, dass Sex vor 400 Millionen Jahren von Panzerfischen erfunden wurde, dass moderner Mensch und Neanderthaler sich nachweislich (nämlich im Genom) vor 50.000 Jahren miteinander eingelassen haben und dass auch Hunde Eifersucht kennen.
Vielleicht sollte man den zur Stärkung wieder anbieten. Eventuell an der Universität Wien. Die ist 2014 im "Times Higher Education World University Ranking" von 170 auf Rang 182 zurückgefallen.
Das hatten Forscher vorher nur mit aufwendigen genetischen Manipulationen erreicht. Doch der Traum einer Verewigung in den Geschichtsbüchern der Stammzell-Forschung platzte. Das Riken-Institut stellte fest, dass die Bilder zu der Studie denen aus Obokatas Doktor-Arbeit aus 2011 auffällig ähnelten. Dort war das Gewebe auf andere Weise entstanden. Anfang Juli zog die Fachzeitschrift Nature, die die Studie veröffentlicht hatte, den Artikel zurück. Das Forscherteam entschuldigte sich kleinlaut.
Ob Erfinden oder Fälschen von Daten, Manipulationen von Abbildungen oder das Verheimlichen unliebsamer Daten: Die Liste von wissenschaftlichem Fehlverhalten ist lang – und hat Tradition. Schon der griechische Naturforscher Ptolemäus soll im 2. Jahrhundert Beobachtungen gefälscht und Erkenntnisse anderer Wissenschaftler als seine eigenen ausgegeben haben.
Schwindler
Eine aktuelle Umfrage unter österreichischen Forschern hat ergeben, dass schon ein Viertel Datenmanipulation beobachtet oder selbst begangen hat. Erklärung fürs akademische Tricksen: Ständig sei man gefordert, neue Erkenntnisse zu produzieren. Aber jahrelange aufwendige Forschung führt nicht immer zum Erfolg. Das kann dazu verleiten, Daten zu manipulieren oder bei Kollegen abzuschreiben. Der Druck hätte zugenommen. Es muss schneller produziert werden – die Abhängigkeit von Drittmitteln ist groß. Mitunter seien auch Eitelkeit, Geltungssucht und Ehrgeiz im Spiel. Und so komme es vor, dass Ergebnisse in Boulevardmedien stehen, ehe sie von Fachmagazinen geprüft und für publikationswürdig erachtet wurden.
Höhepunkt der Betrügerei: Im Sommer zog das Fachmagazin Journal of Vibration and Control 60 Studien zurück, weil Zweifel an der Glaubwürdigkeit aufgetauchten. Der Autor soll den Begutachtungsprozess der Studien manipuliert haben. Wenige Wochen später zog auch der Ko-Autor der eingangs erwähnten Zitronensäure-Studie einen Schlussstrich: Er beging Selbstmord, weil er mit Beschimpfungen in den Massenmedien nicht fertig wurde.