Laufen ohne Männer: "Ein prickelndes Erlebnis"
Von Laila Docekal
Kurz ist den Organisatoren vom Österreichischen Frauenlauf der Atem gestockt – als klar wurde, dass der Termin am 27. Mai 2018 just mit einem Bundesliga-Spiel der Wiener Austria gegen Salzburg zusammenfällt. Die Fußballer haben wohl die Dimensionen des Österreichischen Frauenlaufs unterschätzt.
Als die Veranstaltung vor 31 Jahren ins Leben gerufen wurde, wäre das Event neben den Fußballern wahrscheinlich kaum aufgefallen – damals waren nur 440 Frauen am Start. Doch mit mehr als 35.000 Teilnehmerinnen aus aller Welt ist das Laufevent in zwischen das größte seiner Art in Europa. Nachdem die Veranstaltung auf dem Parkplatz des Ernst-Happel-Stadions stattfindet, muss das Bundesliga-Spiel nun in ein Ersatzstadion ausweichen.
Beim Interview mit dem KURIER zeigt sich Organisatorin Ilse Dippmann erleichtert, immerhin haben sich bis her wieder mehr als 28.000 Frauen und Mädchen angemeldet. Und das, obwohl viele nach dem langen Winter erst jetzt anfangen zu trainieren.
Doch wozu braucht es überhaupt noch einen eigenen Frauenlauf? Immerhin ist es heute selbstverständlich, dass Frauen bei Laufveranstaltungen mitmachen. Für Dippmann geht es bei ihrem Event aber vor allem um das „große Miteinander. Es ist so herrlich, gemeinsam am Start stehen ambitionierte Hobbyläuferinnen, viele Laufanfängerinnen, aber auch nationale und internationale Top-Läuferinnen sind vereint. Es ist egal, welchen Alters, welcher Religion oder mit welcher sportlicher Fitness. Es ist ein prickelndes Erlebnis für alle. Der Spirit ist einzigartig.“
Frauen und Männer
Zwar trainieren Frauen nicht anders als Männer und haben genauso sportliche Ziele, aber „es macht oft mehr Spaß, in einer Gruppe zu trainieren, wo nur Frauen sind, die ein gemeinsames Ziel haben. Zum Beispiel, die 10 Kilometer unter 50 oder unter 40 Minuten zu schaffen.“ Das ist auch bei den Lauftrainings zu spüren, die jede Woche kostenlos österreichweit an 45 Standorten (15 da von in Wien) angeboten werden.
Um den Laufeinstieg zu erleichtern und damit es nicht langweilig wird, gibt es verschiedene Trainingspläne, die auch online zum Download bereitstehen. „Bei den Lauftrainings zählt das Gemeinsame, aber es geht auch darum, nach einem Plan zu trainieren – zum Beispiel zwischen Intervalltraining, Fahrtspiel oder Wechseltraining abzuwechseln“, erzählt Dippmann.
So ganz nebenher entstehen dabei viele Freundschaften – auch international. Immerhin waren zuletzt beim 30. Österreichischen Frauenlauf Teilnehmerinnen aus 99 Nationen vertreten. „Es zählt nicht, woher ich komme oder wer ich bin. Man steht im Startblock, lernt jemanden aus Portugal kennen und vernetzt sich.“
Doch auch das Motivationsvorbild der Läuferinnen in Österreich muss sich manchmal zum Training aufrappeln: „Es war in diesem Winter sicherlich schwierig. Mir hilft am allermeisten der Gedanke an das Danach. Dass es mir herrlich geht, unter der Dusche zu stehen und zu spüren, ich habe heute schon etwas für mich und meine Seele getan und gehe total relaxt in den Alltag. Ich brauche das Laufen sehr, um meine Energien zurückzubekommen. Es ist herrlich, et was für sich zu tun.“
Ihr Engagement gilt nicht nur den Frauen – mit ihrer Nachwuchsförderung will Dippmann auch dem besorgniserregenden Trend zu immer mehr übergewichtigen Jugendlichen etwas entgegensetzen. „Die Mädchen liegen mir ganz besonders auf dem Herzen. Es ist uns nicht umsonst gelungen, mehr als 6000 unter-18-Jährige zu gewinnen. Jeder weiß, für Jugendliche ist es al les andere als cool, am Sonntag um 8 Uhr früh am Start zu stehen – dass bei uns trotzdem so viele mitmachen, ist sicher einzigartig. Und für viele ist der Frauenlauf ein Anlass, mit dem Laufen und mit der Bewegung zu beginnen.“