Leben/Gesellschaft

IG Autoren: "Mehr Literatur in der Schule"

Der Literaturunterricht im Fach „Deutsch“ hat an Österreichs Höheren Schulen an Stellenwert erheblich eingebüßt. Das beklagt die IG Autorinnen und Autoren. Auch wenn die bifie-Verantwortlichen das Gegenteil behaupten würden, werde durch die Vorgaben für die Zentralmatura im Deutschunterricht immer weniger Literatur gelesen. In einer Aussendung der IG Autoren heißt es: "Den Schülerinnen und Schülern wird zwar in einem der drei Themenpakete eine mit Literatur in Verbindung stehende Aufgabenstellung angeboten. Deren Qualität ist aber nicht nur im Skandaljahr 2014 völlig unzureichend gewesen (Es wurde ein Text, der den Nationalsozialismus verharmlost zur Verfügung gestellt, Anm.) Die für eine fundierte Maturaauseinandersetzung mit literarischen Werken ungeeigneten Kriterien der Standardisierung und Objektivierung machen es de facto unmöglich, sich jenseits textimmanenter Interpretationen von Kürzesttexten mit der Kunstform Literatur sinnvoll zu beschäftigen." Die IG Autorinnen Autoren hat diesen Umstand wiederholt fundiert kritisiert.

Nur lernen, was für den Test nötig

Was die Literaten prophezeiten, wurde jetzt wohl Realität: "In Fortbildungsveranstaltungen zur neuen Matura für Deutschlehrkräfte wurde von Referenten des Unterrichtsministeriums wiederholt geäußert, Literatur werde in Zukunft im Deutschunterricht kaum noch eine Rolle spielen. Schüler werden in der Oberstufe häufig bloß auf die problematischen Kriterien der neuen Reifeprüfung hingetrimmt, differenzierte Literaturvermittlung bleibt jenen Lehrerinnen und Lehrern überlassen, denen Prosa, Lyrik und Drama ein persönliches Anliegen sind", kritisieren die IG Autoren.

Um ein sichtbares Zeichen zu setzen, dass es im Deutschunterricht nicht nur um Grammatik und Ausdruck, Textsorten und Wörterkorridore geht, fordert die IG Autorinnen Autoren das Bildungsministerium auf, initiativ zu werden und dafür Sorge zu tragen, dass der Unterrichtsgegenstand „Deutsch“ in allen Schultypen generell in „Deutsch und Literatur“ umbenannt wird.

Über das Argument der Signalwirkung hinaus gibt es laut IG Autoren für diese Forderung auch weitere sachliche und fachliche Begründungen: Andere Kunstsparten wie Musik oder Bildende Kunst werden in eigenen Schulfächern vermittelt und unterliegen weit weniger einem Normierungsdruck, als das in „Deutsch“ der Fall ist, wofür die inhaltliche Priorisierung des Ausdrucks in der Muttersprache durch standardisierte Textsorten verantwortlich ist.

Von Anfang an

Weiters beanstanden die Autoren: "Mit der ebenfalls bedenklichen Reduktion des Fremdsprachenunterrichts auf den bloßen Spracherwerb wird auch die Weltliteratur, so sie überhaupt noch vorkommt, mehr und mehr in den Deutschunterricht verlagert. In einem 2013 approbierten Vorbereitungsbuch für die neue Deutschreifeprüfung beinhaltet etwa die abgedruckte Musterklausur als einzigen literarischen Text, der interpretiert werden soll, die Übersetzung eines lateinamerikanischen Gedichtes. Unter dem Überbegriff ,Deutsch' ist aber zum Beispiel eine solche Aufgabe schlecht eingeordnet. Auch aus diesem Grund wäre die Umbenennung höchst zweckmäßig."

Zudem sei es schon in den Volksschulen wichtig, geeignete Ganztexte der Kinderliteratur zu lesen und zu besprechen, um die Lesekompetenz und das Erfassen von Inhalten zu verbessern. Die IG Autorinnen Autoren hat dazu ein eigenes Konzept entwickelt (und den zuständigen Stellen übermittelt. Trotz aller Beteuerungen, den erschreckenden Ergebnissen internationaler Bildungstests, was die Lesekompetenz österreichischer Schülerinnen und Schüler anlangt, mit neuen Strategien entgegentreten zu wollen, geschieht in der Praxis jenseits persönlichen Engagements einzelner Lehrkräfte viel zu wenig.