Haus wie van Gogh bemalt: US-Familie gewinnt Rechtsstreit
Alles begann mit einem Bildband mit Werken des Malers Vincent van Gogh. Nancy Nemhauser und ihr Ehemann Lubomir bemerkten irgendwann, dass die Bilder des niederländischen Künstlers eine spezielle Faszination auf ihren autistischen Sohn ausübten. Van Goghs Darstellung eines Sternenhimmels, genannt "Sternennacht", hatte eine besonders beruhigende Wirkung auf den heute 25-Jährigen. "Wenn er angespannt war, nahmen wir das Buch heraus und blätterten zu der Seite, wo die 'Sternennacht' war, und es schien so, als ob es ihn entspannend würde", erinnert sich Nemhauser im Gespräch mit der Washington Post.
Um ihrem Sohn eine Freude zu bereiten, entschied sich das Ehepaar vergangenes Jahr dazu, ihr zweistöckiges Haus in der Stadt Mount Dora, Florida, in Anlehnung an das berühmte Gemälde zu bemalen. Ein Künstler aus der Region ließ das Gebäude in Nachtblau und kräftigem Gelb erstrahlen.
Zunächst wurde nur die Wand rund um das Einfamilienhaus bemalt. Doch das Ordnungsamt forderte das Paar auf, aus ästhetischen Gründen auch das Haus anzupassen. Gesagt, getan: Immerhin wussten Nemhauser und Jastrzebski, dass sich ihr Sohn noch mehr darüber freuen würde.
Es dauerte nicht lange, bis die Wandbemalung Aufmerksamkeit erregte. Passanten klingelten an der Tür der Familie und fragten, ob sie Bilder von dem Haus machen dürften. Touristengruppen machten auf Segway-Touren vor dem Haus Halt.
"Kindisch anmutende Malerei"
Doch die Mauerkunst gefiel nicht allen. In den Augen des örtlichen Ordnungsamtes entsprach die Bemalung einer "kindisch anmutenden Malerei", heißt es in den Akten. Die Wandmalerei würde außerdem gegen die "Zeichenverordnung" der Stadt verstoßen. Der Richter, der mit dem Fall betraut wurde, ließ die Beschwerde zu und entschied, dass und Jastrzebski ihr Haus neu streichen müssen. Die beiden weigerten sich.
Was in einem Kunstprojekt aus Liebe zu ihrem Sohn begann, endete für das Paar daraufhin in einem teuren Rechtsstreit. Über 10.000 US-Dollar an Strafen wegen Verstößen gegen die Stadtverordnung sammelten sich über die Monate an – dennoch blieb das Paar, das in den 70er-Jahren aus Polen in die USA eingewandert war, standhaft. Schließlich landete der Fall vor dem Bundesrichter. Dort brachte das Ehepaar den Einwand ein, die Verordnungen würden ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wie auch ihre Bürgerrechte beschneiden.
Da der Bundesrichter früh im Verfahren entscheid, dass die Vorwürfe des Paares haltbar seien, verhängte er bereits vor wenigen Monaten ein Verbot für weitere Strafen, die vom Amt bis dahin täglich in Höhe von 100 Dollar ausgestellt worden waren.
Urteil zugunsten der Familie
Am vergangenen Dienstag fiel schließlich das Urteil: Bürgermeister Nick Girone verlautbarte, dass die Stadt und die Familie zu einer Einigung gelangt seien. Im Namen der Stadt entschuldigte sich Girone auch bei dem Paar – dies war eine der Auflagen des richterlichen Entscheids gewesen. Zudem muss die Stadt 15.000 Dollar an das Paar zahlen und die Pfändungsanordnung gegen das Haus widerrufen. Einen Teil des zugestandenen Geldes werde man verwenden, um die Anwaltskosten zu decken, sagte Nemhauser der Washington Post.
Der Sohn des Ehepaares hat von den Streitigkeiten übrigens nichts mitbekommen. Und auch Lubomir Jastrzebski, dem vor allem die öffentliche Entschuldigung der Stadtverwaltung ein Anliegen war, ist nun versöhnt. Er stehe seiner Frau zufolge nun oft auf dem Balkon des Hauses – "und schaut in die Sterne".