Der Traum im Pflanzenbecken
Von Hedwig Derka
Delikatesse sind sie seit Langem, nun sind sie auch Augenschmaus: Garnelen im Aquarium erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Die wirbellosen Zehnfüßler mit den schwarzen Knopfaugen machen sich in kleinen und großen Becken daheim breit.
„Die von Natur aus hübschen Tiere werden in verschiedenen Farbformen gezüchtet. Als Heimtiere beleben sie die Unterwassergärten und übernehmen dort viel Putzarbeit“, sagt KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter. Die Direktorin des Tiergarten Schönbrunn hat seit fünf Jahren ein abgeschlossenes Ecosphere-System mit zwei Garnelen und vielen Algen zwischen ihren Orchideen stehen: „Faszinierend.“ Die genügsamen Arten liegen nicht zuletzt wegen ihrer zeitsparenden Pflege im Trend. Artgemäße Haltung ist freilich ein Muss. Anton Weissenbacher, Leiter des Aquarien- und Terrarienhauses im Wiener Zoo, erklärt, wie Garnelen gesund und fortpflanzungsfreudig ihr Höchstalter von zwei Jahren erreichen.
Gleichgewicht
Aquaristik-Fans haben eine große Spielwiese. Sie können Süßwasserfische halten, auf Meeresfische zurückgreifen oder ein reines Pflanzenbecken installieren. Und das Gleichgewicht im Pflanzenbecken mit Garnelen erhalten. „Die Tiere fressen Algen, abgestorbene Blätter und arbeiten den Boden Korn für Korn durch“, sagt der Experte aus dem KURIER-Tiercoach-Team. Das Aquarium kann damit unaufwendig betrieben werden. „Die Kunst für den Halter ist, möglichst wenig zu tun.“
Einsteiger starten am Besten mit einem größeren Behälter – 60 cm mal 30 cm Grundfläche und eine Höhe von 30 cm tolerieren Fehler eher als kleine Systeme. Feiner Sand oder feinster Kiesel dienen als Bodengrund, Holz, Steine und Grünzeug geben Struktur. „Südamerikanische und asiatische Pflanzen sind wunderschön und ebenso brauchbar wie tropische Quellmoose“, sagt Weissenbacher. Schnellwüchsiges wie Wasserschrauben oder Hornkraut schafft bald ein gutes Milieu im Wasser, es nimmt Nährstoffe rasch auf. Später kommen langsam gedeihende Pflanzen dazu. Moose werden mit Gummiringerl oder Anglerschnüren an Wurzeln oder Steinen fixiert, bis sie nach Wochen bzw. Monaten angewachsen sind. Ein langsames Filtersystem sorgt für schwache Strömung. Es hilft, das Süßwasser sauber zu halten, und verhindert, dass das für das Pflanzenwachstum wichtige Kohlendioxid zu schnell hinausgeblasen wird und Larven abgesaugt werden.
Nachzucht
„Es gibt sehr viele Garnelen-Arten. Neuentdeckungen werden sofort nachgezüchtet“, sagt der Experte. Wildfang hält sich also in Grenzen. Garnelen aus der Gattung Caridina eignen sich besonders für Anfänger. Sie sind klein, schön und farbenprächtig und sie vermehren sich leicht. Den Allesfressern genügt proteinreiches Fischfutter alle zwei bis vier Tage, Beobachtung hilft bei der Dosierung. Zum Trockenfutter wird Frostfutter gestreut. Die eingefrorenen Insektenlarven versorgen die Tiere ein Mal pro Woche mit einer Extraportion Eiweiß. Garnelen kommen aber auch zwei (Urlaubs-)Wochen ohne Versorgung durch den Heimtierhalter über die Runden.
Um die artgemäße Pflege im Routinebetrieb und in Ausnahmesituationen bewältigen zu können, ist Fachwissen über Flora wie Fauna im Aquarium notwendig. „Ums Lesen kommt man nicht herum. Es gibt sehr informative Bücher über Garnelen. Auch der Austausch mit erfahrenen Garnelen-Züchtern hilft“, sagt Weissenbacher. So könne jeder für sich heraus finden, was passt und was ungeeignet ist. Nachsatz: „Für mache sind die hübschen, dezenten Lebewesen mitten im grünen Pflanzenbecken ein Traum.“
Oranger Zwergflusskrebs, Blauer Floridakrebs, Rotscherenkrebs, Tigerkrebs: „Es gibt viele importierte Krebsarten“, sagt Anton Weissenbacher, Zoologischer Abteilungsleiter im Tiergarten Schönbrunn. Sie stammen vor allem aus den Regionen Südamerika, Australien und Papua Neuguinea. Manche leben dort im Süßwasser, andere bewohnen salzige Gewässer. Die großen Exemplare werden bis zu 20 cm lang, die kleinen 2 bis 3 cm. Sie sind für Aquaristik-Einsteiger empfehlenswert.
„Krebse im Aquarium sind schön und im Gegensatz zu den meisten anderen Heimtieren weniger aufwendig in der Haltung“, sagt der Experte aus dem KURIER-Tiercoach-Team. Im Vergleich zu Garnelen sind sie etwas anspruchsvoller: Von der Ausstattung her brauchen sie einen stärkeren und damit teureren Filter, im Becken mehrere Verstecke. Sie untergraben Steine und Schieferplatten und schlüpfen in höhlenartigen Strukturen unter. Vor allem während der Häutung. „Krebse fressen mehr als Garnelen“, sagt Weissenbacher. Mehr Trocken- und auch mehr Frostfutter.
Gefahr„Die Vermehrung ist interessant zu beobachten“, sagt der Experte. Beim Marmorkrebs zum Beispiel reicht ein Weibchen für die Zucht. Es trägt die Eier am Hinterleib, aus den Larven schlüpfen wieder Weibchen, die dann durchs Becken wurln. „Man weiß bis heute nicht, wo der Marmorkrebs herkommt. Er ist plötzlich in den Aquarien aufgetaucht“, sagt Weissenbacher. Er rät trotzdem von der schönen Art ab: Sie ist Träger der Krebspest. Diese Pilzerkrankung ist für heimische Populationen gefährlich. Sporen können beim Wasserwechsel in die Umwelt geraten.