Ein Körberlgeld für die Schulen
Von Ute Brühl
Softdrinks machen nicht nur dick, sondern auch aggressiv. Für Schüler sind sie also alles andere als ein optimaler Durstlöscher. Dennoch werden viele Limonaden an Österreichs Schulen verkauft. Entsprechende Getränkeautomaten stehen in fast jedem Schulhaus – abgesehen von den Volksschulen. Befüllt werden sie meist vom Schulbuffetbetreiber, auch Elternvereine und Schuldirektoren stellen Getränkeautomaten auf.
Doch warum dulden so viele Schulen den Verkauf von zuckersüßen Getränken? Die Antwort in einem Satz: Sie brauchen das Geld. Alf Mathuber, AHS-Direktor in Wien, spricht aus Erfahrung: „Hätten Schulen nur das Budget, das sie von der öffentlichen Hand bekommen, wäre kein moderner und effektiver Unterricht mehr möglich.“ Im Klartext: „Viele Schulveranstaltungen, PCs, Kopierer, Bildschirme oder Software-Programme sind nur durch Sponsoren zu finanzieren. Diese Möglichkeit habe ich gerne genutzt.“
Kalorienarm
Ein Sponsor ist der Softdrink-Hersteller Coca-Cola. Das Unternehmen verweist darauf, dass man mittlerweile auf Werbung für Kinder unter zwölf Jahren verzichtet. Zudem stelle man ein breites Angebot von kalorienfreien oder -armen Getränken zur Verfügung. Die Kalorienangaben seien deutlich sichtbar.
Softdrinks zu verbieten, davon hält Theodor Saverschel nichts. Der oberste Elternvertreter glaubt, dass „sich die Schüler dann im Supermarkt ums Eck die Dosen kaufen. Besser wäre es, ein Ampel-System einzuführen, das deutlich macht, welches Getränk gesünder ist und welches nicht.“
Nicht nur die Getränke-, sondern auch die Werbebranche hat die Schule für sich entdeckt. Seit 1997 darf sie sogar per Gesetz werben. Sehr zum Missfallen vieler Eltern – und auch des Vereins für Konsumenteninformation (VKI).
Der will nun juristisch gegen aggressive Werbung in Klassenzimmern vorgehen: „Uns stört, dass Mitteilungshefte in Volksschulen benutzt werden müssen, die voller Inserate sind. Dagegen klagen wir“, sagt VKI-Jurist Peter Kolba.
Das Bildungsministerium hält sich in der Sache vornehm zurück: „Was an der Schule erlaubt ist und was nicht, muss schulautonom entschieden werden.“
Keilen im Unterricht
Von einer schulautonomen Entscheidung weiß Wolfgang Krisch, Hauptschullehrer und Grüner Bezirksrat, nichts: „Mir wurde eine Kooperation aufgezwungen. Da kommen unter dem Vorwand der wirtschaftlichen Belehrung Bawag-Mitarbeiter in meine Unterrichtsstunde. Am Ende wird für ein Jugendkonto bei der Bank geworben“, ärgert er sich. Der Pädagoge tut das äußerst ungern: „Mir wurde vom Direktor aber gesagt, das sei vom Stadtschulrat so erwünscht und nicht zu ändern.“ Eine schriftliche Anweisung gibt es dafür aber nicht. Der zuständige Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch meint, „das sei alles freiwillig.“ Bei der Bawag sieht man diese Veranstaltungen als Angebot an die Schüler: „Wir informieren die Eltern vorher, dass wir Schülern den verantwortungsbewussten Umgang mit Geld näherbringen. Mit den Direktoren ist das akkordiert. Am Ende wird natürlich auf das Bawag-Konto hingewiesen“, heißt es bei der Pressestelle. „Dafür wird die Schule gesponsert.“
Gesunde Alternative
Als Alternative gibt es aber auch Automaten, die ausschließlich gesunde oder biologische Lebensmittel im Angebot haben. Einige Unternehmen verkaufen solche Snacks und Getränke auch an Schulen. Da gibt es zum Beispiel Bionade, die weniger Zucker hat als Fanta. Oder Fruchtsäfte aus biologischem Anbau sowie Kakao mit dem Fairtrade-Gütesiegel. Bei der Umweltberatung gibt es eine Liste aller möglicher Lieferanten.
An die Werbung in ihrer Schulzeit erinnern sich zwei KURIER-Redakteure:
Der Damenrasierer
An Cola-Automaten in der Schule kann ich mich nicht erinnern. Allerdings hingen in unseren Pausenräumen riesige Werbeplakate. Ein cooler Skateboardfahrer mit einem Fanta in der Hand – Sprite, das ultimative Getränk für „coole Kids“. Ich blieb unbeeindruckt. Softdrinks gab es bei uns zu Hause immer nur, wenn wir Gäste hatten, und so wuchs ich (von daheim aus!) zum treuen Leitungswasser-Fan heran.
In die Konsumentenfalle tappte ich trotzdem. An dem Tag, an dem der erste Damenrasierer mit austauschbaren Klingen auf den Markt kam. In der Schule bekamen wir das Testexemplar gratis in die Hand gedrückt. Es fiel mir schwer, mich zwischen dem türkisen und dem rosa Modell zu entscheiden. Als es Zeit war, die teuren Ersatzklingen nachzukaufen, hatte meine Mutter keine andere Wahl, als sie zu zahlen. Kurz darauf wollte meine kleine Schwester auch einen Rasierer. Und bekam ihn.
In den vergangenen 20 Jahren habe ich so gut wie jede „Kollektion“ ausprobiert – das Drei- und das verbesserte Fünf-Klingen-Modell, das mit eingebautem Rasiergel und das gegen trockene Haut. Der Marke bin ich treu geblieben. Glatte Beine hätte ich auch günstiger haben können." (Laila Daneshmandi)
Fremdwort Schulbuffet
"Früher war nicht alles besser, es war anders. Übersichtlicher. In der 9-Uhr-Pause wurden die Schulmilch und der Schulkakao ausgegeben. Wie man Schulbuffet richtig schreibt? Für die Babyboomer-Generation blieb dieses Wort ein Fremdwort.
Und Coca-Cola gab es maximal, wenn am Samstag hoher Besuch zu uns kam.
So darf man die österreichische Milchwirtschaft und auch die Pharmaindustrie, namentlich die Erzeuger von Fluortabletten, als Marktbereiter in Schulen betrachten. Und nicht zu vergessen: die Erste Österreichische Sparkasse, die uns schon in die Volksschule ihren Sparefroh zum Aufblasen und Anmalen schickte. Weil früh übt sich, wer einmal ein Bausparer oder Fremdwährungskreditnehmer werden möchte.
Die Schuljause bekamen die meisten von zu Hause mit. Wiewohl: Über den gesundheitlichen Nutzen des täglichen Wurstbrots ließe sich auch diskutieren. Immerhin steckte noch ein Apfel im Jausensackerl. Und die Kindermilchschnitte mit der Extraportion Milch war auch noch nicht erfunden. Von Werbung blieben wir somit weitgehend verschont. Es brauchte sie nicht. Bei Konsum und Meinl gab’s eh nur zwei Milchanbieter: NÖM und WIMO." (Uwe Mauch)