Leben/Gesellschaft

Fußballer-Tattos: Body-Bilder mit Bedeutung

Während noch vor wenigen Jahren die Fußballer mit den meisten Tattoos für Schlagzeilen sorgten, ist heute das Gegenteil der Fall. "Gibt’s das noch? Diese Fußballer haben KEINE Tattoos" titelte jüngst die Online-Ausgabe einer deutsche Boulevardzeitung ungläubig und zählte fünf Kicker auf, die es doch tatsächlich ohne "Haut Couture" zur EM geschafft haben.

Ein Blick auf das Spielfeld genügt, um festzustellen: Sie sind in der Minderzahl. Nahezu jeder Profisportler schmückt sich mit Hautbildern aus Tinte – seien es großflächige Armtattoos, christliche Symbole oder zarte Motive, die nur in der Großaufnahme erkennbar sind. Die Frage "Wer vom österreichischen Nationalteam ist nicht tätowiert?" war eine der meistgegoogelten in Österreich während der EM, gab die Suchmaschine bekannt.

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Wandelnde Inspiration

Die Tätowierlust der bewunderten Profisportler färbt auf die Bevölkerung ab: Jeder vierte Österreicher hat sich mindestens ein Tattoo stechen lassen, drei Viertel sind der Meinung, dass Tätowierungen zunehmen, ergab eine Studie des Meinungsforschungsinstituts IMAS mit tausend Befragten. Besonders beliebt ist der Körperschmuck bei Jungen: Zwei Fünftel der unter 35-Jährigen haben sich für ein Tattoo entschieden. Und es sind immer mehr Menschen aus der gehobenen Bildungsschicht, die sich stechen lassen.

Neben Hollywood- und Musikstars sind Profi-Fußballer die großen Inspirationsquellen für ausgefallene Hautbilder. "An manchen Tagen kommen bis zu vier Kunden, die Mesut Özils Löwen wollen", berichtet etwa eine deutsche Tätowiererin. "Die Leute sehen die Fußballer, sehen den Erfolg, das Geld, die schönen Frauen und wollen das auch." Mit einem ähnlichen Tattoo, so die Hoffnung vieler, kommen sie ihrem Idol einen Schritt näher.

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Auch Monika Weber, Inhaberin des Wiener Tattoostudios "Happy Needles", kennt diese Wünsche. "Besonders beliebt ist nach wie vor der großflächig tätowierte Beckham-Arm", erzählt sie. "Generell geht der Trend stark zu Tattoos mit Bedeutung, also Schriftzüge, Zahlen oder christliche Symbole." Bedeutungslose Tribals, die typischen Tattoos der Neunzigerjahre, haben hingegen stark an Beliebtheit eingebüßt. "Die Leute haben dazugelernt. Früher dachte man, bedeutungslose Tattoos seien zeitlos", sagt Weber.

Nicht nur das Was, auch das Wo hat sich in den vergangenen Jahren verändert, berichtet Weber. "Tattoos an Stellen, die früher tabu waren – wie etwa Hals, Handrücken oder Finger – sind salonfähig geworden." Das zeige sich auch an berühmten Schauspielerinnen und Models: "Früher hieß es immer, ein Model solle möglichst nicht tätowiert sein. Heute werden Models gerade wegen ihrer Tattoos gebucht."

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Was die IMAS-Studie gezeigt hat, kann Weber bestätigen: Längst kommen Menschen aller Gesellschaftsschichten zu ihr. "Da gibt es keine Ausnahme. Der Bankangestellte lässt sich eben nur unterm Hemd tätowieren."

Wer am Donnerstag genau hinschaute, erblickte im Gesicht des Portugiesen Quaresma zwei schwarze Tränen – aus Tinte. Ein Tattoo, das Monika Weber wohl ablehnen würde. "Ich habe erst drei Leute im Gesicht tätowiert, und die kannte ich persönlich." Als Tätowierer habe man nämlich vor allem eines: Verantwortung.