Leben/Gesellschaft

2016: Menschen erzählen von ihren Glücksmomenten

Das Jahr 2016 wurde von etlichen globalen Krisen und Katastrophen geprägt. Zum Neujahrstag erzählen Menschen, was ihnen im Vorjahr in ihrem Leben geglückt ist – und mit welchen persönlichen Lehren und Hoffnungen sie in das neue Jahr gehen.

Seine Clara kam am Dienstag, dem 2. August, auf der Erde an. Schon 51 Zentimeter groß und mit einem Gewicht von 3,5 Kilogramm. Erzählt Arthur Fürnhammer bei einem Spaziergang über den Wiener Yppenplatz – mit seiner Tochter im Kinderwagen.

Die Geburtshelfer im nahen Wilhelminenspital haben bei der Ankunft des Kindes ihr gesamtes Wissen und ihre gesamte Erfahrung in die Waagschale geworfen. Aus gutem Grund: Kurz war das junge Leben bei der nicht ganz einfachen Geburt in Gefahr. "Doch am Ende war unsere kleine Clara pumperlgesund." Und auch ihre Mutter, seine geliebte Julia, war bald wieder wohlauf.

Was bei ihm zunächst einmal große Erleichterung auslöste. "Ich habe dann schon einige Tage benötigt, um unser Glück so richtig zu realisieren", gibt der junge Vater zu und strahlt dabei mit seiner süßen Tochter am sonnigen Marktplatz um die Wette. "Das Glück ist langsam gewachsen. Doch dann hat das größte Abenteuer begonnen, das man sich vorstellen kann."

Fürnhammer hat drei Jahre lang als Musiker und Fahrrad-Rikscha-Fahrer in New York gelebt, er hat in Südafrika zum Thema Apartheid geforscht, er hat einen Reisebericht über Albanien geschrieben, außerdem Kinderbücher und nicht zuletzt den legendären Wiener Tschocherlreport. Aber das sei alles nicht der Rede wert: "An meine Tochter kommt nix heran."

Wenn sie ihn auf der Parkbank des Markts anlacht, ihn anbrabbelt, wenn sie ihm dabei mitteilt, dass es ihr gut geht, dass sie nach wie vor gesund ist, "dann ist das einfach nur faszinierend und glücklich machend. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mir noch vor wenigen Wochen nicht wirklich vorstellen konnte, wie viel einem so ein Kind geben kann. Mit der Geburt unserer Tochter waren natürlich auch einige Fragen verbunden. Aber wenn ich das alles gewusst hätte, dann hätte ich mir weniger Sorgen gemacht."

Natürlich sind ihm die globalen Krisen des Jahres 2016 nicht verborgen geblieben. Speziell der Krieg in Syrien und das Schicksal der Menschen in der Stadt Aleppo, die er vor dem Krieg besucht hat, gehen ihm sehr nahe.

Arthur Fürnhammer runzelt die Stirn, die Nachrichten haben den Juristen, Schriftsteller und Musiker (er ist Sänger und Gitarrist der Rockband "Walter") emotional mitgenommen: "Ich kann nicht verstehen, dass die Welt einfach zusieht, wie dort Menschen bombardiert und abgeschlachtet werden. Und ich habe mir öfters schon gedacht, wie das wäre, wenn unsere Clara in Syrien zur Welt gekommen wäre, wenn tagsüber einfach der Strom ausfällt und kein Wasser zum Trinken da wäre."

Für das Jahr 2017 wünscht sich Fürnhammer, dass dieses sinnlose Morden endlich beendet wird. Und er hofft, "dass wir den Siegeszug der Rechtspopulisten stoppen können". Selbstverständlich wünscht er sich auch, dass seine Familie gesund bleibt.

Er lächelt bei der Verabschiedung, dann fügt er hinzu: "Und wenn das eine oder andere meiner Bücher verkauft wird, haben die Verlage, die Buchhändler und auch ich nichts dagegen."

Mit 64 Jahren ist er endlich angekommen. Im Haus Jona der Caritas, im Westen von Wien. Anfang Dezember war es so weit. „Da habe ich mich g’freut wie ein Wildgansl“, erzählt der aus dem burgenländischen Seewinkel stammende Heinrich Griemann seiner Betreuerin aus der Obdachloseneinrichtung Gruft.

Herr Griemann und Susanne Peter rechnen nach. „Wir kennen uns schon seit dreißig Jahren“, betont der gelernte Tischler, der viele Nächte seines Lebens versucht hat, unter freiem Himmel einzuschlafen und nicht von seinen Sorgen zu träumen. Nach einem Streit in der Familie habe es ihn aus der Bahn geworfen. Er erzählt das nicht stolz, aber er geniert sich auch nicht dafür: „Der Herr Bürgermeister in meiner Heimatgemeinde hat mich auf dem Campingplatz schlafen lassen.“

Auch in Wien musste er öfter, als ihm lieb war, unter freiem Himmel einschlafen. Unten am Wien-Fluss bei Hütteldorf oder in einer Parkanlage beim AKH, zuletzt auch in der Wartehalle am Wiener Hauptbahnhof.

Die Sozialarbeiterin Susanne Peter hat versucht, mit ihm eine Vertrauensbasis aufzubauen. Das höchste der Gefühle waren lange nur zeitlich begrenzte Phasen, die der Obdachlose in der Gruft verbringen wollte. Doch Peter, die nebenbei das Fußballteam der Gruft trainiert, sagte sich immer: Die Hoffnung stirbt zuletzt, auch in der täglichen Sozialarbeit.

Krankheit

Zwei Schlaganfälle im Frühjahr haben Herrn Griemann fast unter die Erde gebracht, aber emotional auch umschwenken lassen. Seine Betreuerin sagt: „Er muss täglich Medikamente nehmen, ein Leben auf der Straße ist für ihn lebensgefährlich.“

Im Haus Jona hat ihr „Herr Heinrich“ ein eigenes Zimmer mit kleinem Vorzimmer und Kochnische. „Das Essen ist großartig“, sagt einer, der sich jahrelang bei Armenausspeisungen um eine warme Suppe angestellt hat. „Außerdem habe ich hier ein eigenes warmes Bett.“

Und dann zeigt der gelernte Tischler auf den sauberen Parkettboden. Er erinnert sich, dass er in jungen Jahren selbst solche Böden verlegt hat. Deshalb traut er sich ein Urteil zu: „Hier wurde sehr sauber gearbeitet.“
Was wird das neue Jahr bringen? Heinrich Griemann macht sich nicht allzu viele Gedanken dazu. Er will vor allem eines: „Weiterhin am Leben bleiben.“

Den 12. Februar 2016 hat sie in ihrem Kalender dick eingerahmt. "Das war mein erster Schichtdienst", erzählt die Lokführerin auf ihrer Dienststelle in Wien-Floridsdorf. "Und ich hatte vor der ersten Ausfahrt nach Mödling großes Lampenfieber."

Doch ihre Aufregung legte sich nach den ersten zehn Fahrminuten. Schnell wurde Erika Bartos klar, dass sie alles im Griff hat und dass sie nach einer sehr langen Reise durch die Berufswelt endlich in der für sie richtigen Position war. An der Spitze einer Schnellbahn – als Triebfahrzeugführerin der ÖBB.

"Es ist ein schönes Gefühl, Menschen sicher von einem Ort zum anderen zu bringen", erklärt Bartos auf ihrer heutigen Fahrt von Floridsdorf über die Donau Richtung Mödling. Gar nicht wenige Menschen bringt sie an diesem Freitagnachmittag sicher ins Wochenende.

Umwege

"Ich habe mit 41 den Job fürs Leben gefunden", sagt die Lokführerin. Dafür habe sie viel investiert. Nach unsicheren Stationen als Babysitterin und in einem Wettbüro hat die gebürtige Ungarin eine Ausbildung des Arbeitsmarktservice zur Speditionslogistikerin absolviert. Der Bürojob hat sie jedoch nicht glücklich gemacht. Erwähnenswert: Auch die Ausbildung zur Lokführerin wurde ihr vom AMS finanziert, dank des Programms "Frauen in die Technik".

Nicht in einem Büro, immer unterwegs, alleine an der Zugspitze und doch die gesamte Infrastruktur der ÖBB hinter sich wissend, das ist genau das, was ihr entgegenkommt, erklärt Bartos. "Ich fühle mich in diesem Beruf sicher, ich fühle mich gut. Ich bin zum ersten Mal auch finanziell gut abgesichert."

Dass nicht alle im abgelaufenen Jahr Glück gehabt haben, ist auch ihr klar. Sie betont aber, dass sie selbst viel Durchhaltevermögen bewiesen hat, um so weit zu kommen. "Bedanken möchte ich mich auch bei meinem Mann, der mich immer unterstützt und aufgebaut hat."

Für 2017 wünscht sie sich nur, dass sie ihre Arbeit im Regionalverkehr ebenso sicher fortsetzen kann. Hinunter bis Wiener Neustadt, hinauf bis Laa an der Thaya und rüber bis Wolfsthal. Und ein Fernziel hat Frau Bartos dann auch noch: "Irgendwann würde ich gerne einmal einen Zug zu meinen Landsleuten nach Budapest lenken. Das wäre nett. Das müsste aber auch nicht gleich morgen sein."

Seine Rede nach der Matura hat Lehrer, Mitschüler und Eltern im Gymnasium in der Hofzeile gleichermaßen bewegt. "Die pensionierte Direktorin hatte Tränen in den Augen, und ich werde nie den Stolz meiner Eltern in ihren Gesichtern vergessen", erzählt Josef Maleh im Restaurant seiner Mutter Zina in der Wiener Praterstraße.

Mit 14 kam er mit seinem Vater, seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder nach Österreich. Unfreiwillig. Neben seiner Schule in Damaskus war eine Autobombe detoniert. "Sekunden nachdem ich vom Bus ausgestiegen war und das Schulhaus betreten hatte." Wenige Tage später gab es neben dem Haus der Malehs einen ganzen Vormittag lang ein heftiges, blutiges Gefecht. Der Tag, an dem er seine alte Heimat verlassen musste, der Moment, in dem er sich von seinen alten Schulfreunden verabschieden musste. "Heute sind wir in alle Teile der Welt verstreut."

Im Herbst vor vier Jahren startete Josef Maleh in Wien seine zweite Schulkarriere, in der schwierigen 5. Klasse des Gymnasiums. Heute erinnert er sich: "Alles war für mich fremd, die Sprache, die Stadt, das Land, die Menschen, die Schule, die Lehrer." Zwar habe man ihn überall herzlich willkommen geheißen: "Die Lehrer waren großartig, und ich konnte mich schon am zweiten Tag mit einem Mitschüler anfreunden." Dennoch war das erste Schuljahr für ihn in Wien frustrierend: "Ich habe damals viel gelesen und gelernt, aber ich habe lange kein Wort verstanden. Schrecklich."

Eine liebe Wiener Freundin und sein Wille, sich in Österreich zu integrieren, haben ihm geholfen, das größte Hindernis ("die Sprache") zu überwinden. In der sechsten Klasse traute er sich erstmals, selbst das Wort zu ergreifen. Von da an ging es steil bergauf. Auf dem Weg zur Matura haben sie ihn sogar zum Klassensprecher gewählt.

Und heute? Hat er das erste Semester als Student der Politikwissenschaften erfolgreich absolviert, obwohl er jeden Abend entweder in einem Fitnesscenter oder in Mamas Lokal arbeitet. Sein Ziel formuliert er geschliffen scharf: "In der Mindestzeit das Studium abschließen und dann zwei Jahre auf die Diplomatische Akademie gehen. Ich will Botschafter für Österreich werden." Hoffentlich in einem dann friedlichen Syrien.

Was zählt, ist die Liebe ... Steht auf dem Fotoalbum ihrer Hochzeit. Zwischen den Buchdeckeln findet sich kein einziger böser Blick. Nur entspannte, fröhliche, glückliche Menschen. 69 Hochzeitsgäste, dazu die Braut und ihr Bräutigam.

Die Erinnerungen an den 2. und 3. September 2016 sind bei ihr und ihm noch sehr präsent: Am Freitag gaben sich Traude Pichler und Manfred Stadlmann am Standesamt Währing das Jawort, am Samstag feierten die frisch Getrauten mit Freunden und der Familie im Schloss Thürnlhof in Simmering.

"Unsere ganze Hochzeit stand unter einem guten Stern", erzählt Traude Pichler. "Den Gästen hat es gefallen, und wir waren auf Wolke 7. Man hat gespürt, wie sehr sich alle mit uns freuen." Ihr Wolken-Mann, der nickt: "Ich war zuvor hochgradig nervös, vergleichbar vielleicht mit der Zeit vor einer Theaterpremiere, denn ich wusste, dass das für mich ein einmaliger Moment werden wird."

Der ehemalige Schauspieler ist von der alten Schule: "Ich habe mir schon als Junger gesagt, dass ich, wenn ich heirate, nur ein Mal heiraten möchte." Im Standesamt selbst legte sich seine Aufgeregtheit, auch deshalb, weil der Standesbeamte unfreiwillig lustig war. "Wir haben einen Spaß mit ihm gehabt."

Dass sie nach 18 Jahren Zusammenlebens geheiratet haben, hat auch einen ökonomischen Hintergrund. Manfred Stadlmann hat als Schauspieler für Theater und Film anfangs unstetig, dann lange wenig verdient. Nach einer Umschulung ist er jetzt an einer Wiener Pflichtschule als Freizeitpädagoge tätig. Die Arbeit mit Kindern bereitet ihm große Freude, und sie gibt ihm zum ersten Mal seit mehreren Jahren auch finanziellen Rückhalt.

Dass nicht alle im 16er-Jahr derart viel Glück gehabt haben, wissen auch Pichler und Stadlmann. Während sie in den Hafen der Ehe eingefahren sind, begann es in ihrem Freundeskreis da und dort zu kriseln. Von Scheidung ist die Rede. Und die beiden hoffen, dass die Risse in den Beziehungen noch zu kitten sind. Damit sind wir auch bei einem Ausblick. Sie sagt: "Ich hoffe, dass es für uns weiterhin so glücklich bleibt. Ich möchte unser Glück so gut wie möglich festhalten." Er sagt: "Ich hoffe, dass wir weiterhin viele schöne Dinge gemeinsam erleben können, etwa fremde Länder bereisen und Menschen kennenlernen. Und dass wir uns unsere Verbundenheit und Geborgenheit bewahren können."