"Zeit für großes Museumsprojekt"
Am Dienstag, fliegt der Kulturstadtrat nach Israel. Höhepunkt des Programmes: Die Inauguration eines Teddy-Kolleg-Lehrstuhls. "Die Stadt Wien hat Israel gegenüber eine besondere Verantwortung", sagt jener Mann, der einst an der legendären Rede von Franz Vranitzky in Israel mitgeschrieben hat. Der KURIER traf ihn vor dem Flug zum großen Interview.
KURIER: Am 12. November wird es ein Jahr her sein, dass für Wien eine rot-grüne Regierung fixiert wurde. Welche Erfahrungen haben Sie mit dieser Koalition gemacht?
Andreas Mailath-Pokorny: Sehr gute. Natürlich sind Entscheidungen in einer Alleinregierung manchmal einfacher und fallen schneller. Aber ich schätze ja eine diskursive Arbeitsweise.
Aber die SPÖ ist mit den Grünen auch im Kulturbereich nicht immer einer Meinung. Beispiel Gerald Matt: Ihr Koalitionspartner hat gefordert, die Subvention an die Kunsthalle Wien davon abhängig zu machen, dass es dort einen neuen Chef gibt ...
Wir sind uns darin einig, dass die Kunsthalle neu organisiert wird. Das passiert in den kommenden Wochen. Die Kunsthalle wird zu einer GesmbH. und von KÖR (Kunst im öffentlich Raum, Anm.) getrennt. Es wird ein neuer Aufsichtsrat installiert, damit ist natürlich eine personelle Erneuerung verbunden.
Das bedeutet, dass Matt gehen muss?
Das bedeutet, dass es in den Aufsichtsgremien neue Personen geben wird. Was Matt betrifft, wird geprüft, was an den Vorwürfen dran ist. Wenn nix dran ist, wird er seinen Vertrag erfüllen.
Wann fällt die Entscheidung über die Zukunft des Wien Museums?
Bis Jahresende sollen die möglichen Alternativen vorliegen. Ich bin davon überzeugt, dass wir einen Neubau brauchen. Vor 15 Jahren entstand in Wien die Hauptbibliothek am Gürtel, vor zehn Jahren das neue Museumsquartier, es ist wieder Zeit für
ein großes Museumsprojekt. Aber das darf kein Protzbau um 100 Millionen Euro werden. Das können wir uns nicht leisten.
Welche Standorte sind zur Zeit in engerer Wahl?
Wir müssen trennen zwischen den Depots - da sind wir auch im Gespräch mit anderen Anbietern. Für das Museum selbst stehen der Hauptbahnhof, der Morzinplatz und weiterhin der Karlsplatz zur Wahl.
Zuletzt gab es Diskussionen über Subventionskürzung für das Stadtfest der ÖVP. Dafür wird es 2012 ein neues Grünes Kulturprojekt geben. Ist ein Grünes Kulturfest besser als ein Schwarzes?
Ich halte eine Zuordnung zu politischen Parteien für viel zu vordergründig. Die Hunderttausenden Menschen beim Donauinselfest sind ja auch nicht alle SPÖ-Wähler. Außerdem bin ich prinzipiell immer dafür, auch mal etwas Neues auszuprobieren. Und es gibt halt nun einmal nur ein gewisses Budget. Das wird übrigens am Dienstag im Gemeinderat neu beschlossen, für die Kultur gibt es ein leichtes Plus von 1,5 Prozent und insgesamt knapp 230 Millionen Euro.
Stichwort Geld: Zuletzt gab es im KURIER einen Hilferuf der Chefs des Theaters in der Josefstadt, dass sie sich die Kollektivvertragserhöhungen bei den Gehältern nicht mehr leisten können. Stiftungsrats-Präsident Günter Rhomberg spricht von knapp drei Millionen Euro, die bis zum Jahr 2015 fehlen.
Wir hatten mit der Josefstadt konstruktive Gespräche. Und ich habe dabei, nach Gesprächen mit dem Bund, der das Theater ja auch finanziert, ein aus unserer Sicht faires Angebot gemacht: 380.000 Euro mehr pro Jahr, das sind mehr als drei Prozent Erhöhung. In den vergangenen zehn Jahren gab es für die Josefstadt eine Steigerung von 14 Prozent. Und im kommenden Jahr bezahlen wir auch noch 500.000 Euro, die von der Sanierung des damals völlig verschuldeten Hauses offen sind. In Zeiten stagnierender Budgets sind das doch gute Angebote.
Können Sie eine Budgetkrise in den Theatern also nicht nachvollziehen?
Nein. Und die Josefstadt-Chefs sagen auch selber: Wir sind in keiner Krise. Davon zu sprechen, schadet also nur dem Theater selbst. Ich kämpfe jedenfalls um die Subventionen für die Häuser. Es ist mir auch bewusst, dass das Volkstheater endlich saniert werden muss - baulich natürlich, nicht künstlerisch. Aber das wird wohl noch etwas dauern.
Die angesprochenen großen Bühnen sind nicht die einzigen, die mit Geldsorgen in die Medien kommen. Das brut etwa oder das TAG haben auch schon Alarm geschrien ...
Manchmal verstehe ich die Welt nicht, wenn ausgerechnet jene am lautesten schreien, deren Subvention erhöht wurde, wie etwa bei brut. Im übrigen schauen wir uns gerade die Wiener Bühnenlandschaft genauer an, denn Anfang 2013 werden ja die mehrjährigen Förderverträge neu vergeben und einige Häuser ausgeschrieben.
Wie geht es bei den Vereinigten Bühnen weiter? Dort kommen ja beide Intendanten, Kathrin Zechner und Roland Geyer, abhanden.
Beide Posten werden neu ausgeschrieben. Für den Musicalbereich schon bald, für die Oper haben wir ja noch Zeit, weil Roland Geyer bis 2016 bleibt. Und apropos Budget: Wir werden heuer die Subvention der Vereinigten Bühnen Wien um 750.000 Euro reduzieren. Damit haben die Vereinigten Bühnen seit 2008 eine Kürzung um zehn Prozent hinnehmen müssen, von 40 auf 36 Millionen Euro - und das ohne lautstarke Beschwerde. Trotzdem hatten sie 2010 das erfolgreichste Jahr ihrer Geschichte.
Muss eigentlich Hans Hurch um seinen Job als Viennale-Chef fürchten, nachdem er zuletzt auch die SPÖ heftig kritisiert hatte?
Nein, das habe ich noch nie gemacht und werde das natürlich auch diesmal nicht tun. Aber Hurch hätte bei seiner Kritik auch die wahren Verursacher der Krise nennen können, die Finanzspekulanten.