Kultur

World Press Photo 2018: Weltbeste Pressefotos im Westlicht

Ein Auto rast in eine Menschenmenge, die in Charlottesville gegen eine „Unite the right“ Kundgebung demonstriert. Die Panik in den Augen der Demonstranten während sie durch die Luft geschleudert werden hat Fotograf Ryan M. Kelly als Standbild festgehalten. Zu sehen ist dieses Bild neben vielen weiteren aussagekräftigen Pressefotos im Rahmen der World Press Photo Ausstellung in der Wiener Galerie Westlicht. Die prämierten Werke der Schau, für die sich mehr als 4.500 Fotografen mit über 73.000 Fotos beworben haben, werden bis zum 21. Oktober in der Westbahnstraße zu sehen sein.

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Während das durch eine internationale Jury ausgewählte Gewinnerfoto in den vergangenen Jahren bereits im jeweiligen Winter vor der Ausstellung feststand, wurden für die Präsentation 2018/19 eine Shortlist von sechs nominierten Bildern veröffentlicht, sodass die mediale Aufmerksamkeit mehreren Werken zu Teil wird, bevor das Siegerbild gekürt wird. In diesem Jahr waren unter diesen Nominierungen unter anderem eine Serie an Portraits von Mädchen, die von der radikalen Gruppierung Boko Haram entführt wurden und flüchten konnten, und ein Foto, in dem irakische Soldaten im Kriegsgebiet von Mossul einen unbekannten Jungen waschen und versorgen. Auch zu sehen sind Momentaufnahmen des Terroranschlags auf der Westminster Bridge in London, abgelichtet von Fotograf Tony Melville, der zufällig vor Ort war. „Die Frage ist, ob er zur richtigen Zeit am falschen Ort war, oder zur falschen Zeit am richtigen Ort“, so World Press Kuratorin Sanne Schim van der Loeff.

Das diesjährige Siegerfoto, für das Fotograf Ronaldo Schemidt mit 10.000 Euro ausgezeichnet wurde, zeigt den 28-jährigen José Victor Salazar Balzar, der bei Protesten gegen die geplanten Verfassungsreformen von Staatspräsident Nicolas Maduro am 3. Mai 2017 in Caracas bei der Explosion eines Motorrads Feuer fing. Er überlebte mit Verbrennungen ersten und zweiten Grades.

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Für Kuratorin Schim van der Loeff ist die relativ junge Kategorie „Langfristige Projekte“ besonders wichtig. „Fotografen sind dabei weniger davon abhängig, ob es ein Bild in die Nachrichten schafft. In diesen langfristigen Fotostrecken haben sie Zeit, wirklich alles über ein Thema zu lernen, und dann nicht nur Probleme, sondern manchmal auch die Lösungen zu präsentieren. Das ist konstruktiver Journalismus.“ Beispiel dafür sind Fotostrecken aus dem neu eingeführten Themenbereich Umwelt, in denen aktiv Lösungen für globale Umweltprobleme gesucht werden.

Ob in Flammen stehende Menschen in Caracas oder Terroropfer in London – viele Bilder und ihre Geschichten schockieren und regen zum Nachdenken an. Sanne Schim van der Loeff: „Fotografie ist vollkommen emotional. Jeder, der in diese Ausstellung geht, wird eine andere Beziehung zu den Bildern haben. Das heißt jeder wird mit einem anderen Bauchgefühl nach Hause gehen. Solange wird dieses Bauchgefühl erzeugen, habe ich meinen Job getan.“

Westlicht-Direktor Peter Coeln betont, dass sich die Aussagekraft der Bilder verstärke, wenn man sie im Kontext der Schau im Großformat sehe, anstatt in den Nachrichten oder auf einem Handybildschirm. „Man kann in der Ausstellung nicht einfach wegklicken oder weiterscrollen wie auf dem Smartphone, man muss sich damit auseinandersetzen“, fügt Schim van der Loeff hinzu. Laut Coeln haben im letzten Jahr allein in der Wiener Galerie über 26.000 Menschen die Ausstellung besucht, für dieses Jahr erwarte er sich einen ähnlich großen Andrang.

-Bianca Rose