"Wild": Frühstück mit dem Wolf
Von Alexandra Seibel
Eine Rotkäppchen-Geschichte der anderen Art erzählt die deutsche Schauspielerin und Regisseurin Nicolette Krebitz mit einer schrägen Liebesfabel zwischen Mensch und Tier. Nicht der Wolf verführt das Mädchen, wie noch im Märchen, sondern eine junge Frau fängt sich ein wildes Tier ein, das am Rande ihrer sozialistischen Plattenbausiedlung umher streift. Magisch von ihm angezogen, beginnt eine mutige Lilith Stangenberg als Ania eine intime Beziehung mit Isegrim. Dabei entfaltet sich die Faszination der Regisseurin mit dem Wilden, Unzähmbaren, Tierischen mehr beispielhaft als mysteriös. Speziell die erotische Begegnung mit dem Wolf führt bei Ania weniger zur Entfesselung des "Tieres in mir", sondern zur postkoitalen Geschwätzigkeit ("Willst die Frühstückseier lieber gerührt oder als Spiegelei?").
Durch die Beziehung ihrer Protagonistin zum Tier schafft Krebitz aber eine düstere Atmosphäre der Entfremdung, die Liebes- und Arbeitsverhältnisse gleichermaßen vereist. Mit Georg Friedrich als lüsternem Boss, der ebenfalls die Witterung aufnimmt.
Text: Alexandra Seibel
INFO: D 2016. 97 Min. Von Nicolette Krebitz. Mit Lilith Stangenberg, Georg Friedrich, Silke Bodenbender.
KURIER-Wertung: