Kultur/Wiener Festwochen

"Quartett": Ein Kampf um Sex und Macht

Dürftig wie jedes Jahr – auf diesen Nenner lässt sich das Musikprogramm der Wiener Festwochen bringen. Eine in jeder Hinsicht höchstens mittelmäßige "La Traviata" im Theater an der Wien war heuer das Aushängeschild. Gut, dass es wenigstens noch eine zweite Produktion gibt, nämlich Luca Francesconis "Quartett". Ein Werk, das in der Halle E im MuseumsQuartier dem Begriff Musiktheater alle Ehre macht.

Krieg

Der italienische Komponist Francesconi hat für sein 2011 an der Mailänder Scala uraufgeführtes Werk Heiner Müllers "Quartett" als Ausgangsbasis für einen brutalen Krieg der Geschlechter gewählt. Müller wiederum griff in seinem Text auf den (auch verfilmten) Briefroman "Gefährliche Liebschaften" von Choderlos de Laclos zurück.

Und so treten sie 90 Minuten zum letalen Infight an, die skrupellose Marquise de Merteuil und der ihr an Gemeinheit in nichts nachstehende Vicomte de Valmont. Es geht um Sex, Verführung, Macht und Rache, um Herrschaft und Unterwerfung, um ein psychisches wie teils auch physisches Sado-Maso-Spiel, bei dem es letztlich nur Verlierer geben kann.

Francesconi (auch Libretto) hat all das sehr hörbar in Töne gesetzt. Neben einem kleinen Live-Orchester (sehr gut: Dirigent Peter Rundel und das Ensemble da camera dell’Accademia Teatro alla Scala) gibt es viel Elektronik, eingespielte Klänge und Worte, musikalische Überlappungen und ekstatische Ausbrüche – perfekt umgesetzt von den Technikern des Pariser IRCAM-Instituts.

Gewaltig

Francesconis Musik hat also Kraft, wie auch die Inszenierung von Alex Ollé (La Fura dels Baus). Dieser sorgt nämlich für gewaltige Bilderwelten, lässt die beiden Kontrahenten in einer herabhängenden Box aufeinander los, arbeitet mit Film und Überblendungen, die vor allem die Seelenzustände der Protagonisten illustrieren. Da ist so präzise wie wunderschön gemacht.

Dass dieses "Quartett" so in den Bann zieht, liegt aber auch an Allison Cook (Merteuil) und Robin Adams (Valmont), die beide begnadete Singschauspieler sind und zu höchster Intensität finden. Modernes Musiktheater – so kann es auch sein.

KURIER-Wertung: **** von *****