Wer räumt bei den Oscars ab?
In der Nacht auf Montag werden in Los Angeles zum 85. Mal die Oscars vergeben. Wer gewinnt, steht bereits jetzt fest: Vergangenen Dienstag war Einsendeschluss für die 5.856 Mitglieder der Academy. Bis dahin hatten sie zwölf Tage Zeit per Stimmzettel für ihre Favoriten in den einzelnen Kategorien zu votieren (siehe Übersicht unten). Das Ergebnis ist natürlich streng geheim. In den wichtigsten Kategorien sind sich Experten und Buchmacher jedoch bereits einig, wer gewinnt.
"Argo" als Topfavorit
Eines war schon vorab klar: Viele Nominierungen bedeuten nicht zwangsweise auch viele Oscars.
Steven Spielbergs „Lincoln“, mit zwölf Nominierungen als Favorit ins Oscar-Rennen gegangen, konnte etwa bei den Golden Globes nur einen Preis mit nach Hause nehmen. Der Gewinner des Abends lautete "Argo". Der Politthriller von Ben Affleck entschied die beiden wichtigsten Kategorien „Bester Film“und„Beste Regie“für sich. Wenig überraschend, dass der Film nun auch als Topfavorit für die Oscarnacht gilt. „Alles andere als der Oscar für den besten Film wäre eine Riesenüberraschung“, schreibt das BranchenmagazinIndiewire.com. Mit seinen guten Kontakten nach Hollywood gilt es als gut informierter Gradmesser. Auch das Londoner Wettbüro Ladbrokes sieht „Argo“ mit einer Quote von 1,14:1 als eindeutigen Favoriten. "Lincoln" folgt abgeschlagen mit 7,00:1. Wer sich Hoffnungen macht, dass mit Michael Hanekes „Amour“ erstmals ein österreichischer Film gewinnen könnte, muss enttäuscht werden: Eine Quote von 151:1 spricht für sich.
"Argo" wäre übrigens erst der dritte Film in der Geschichte, der den Oscar für den "Besten Film" gewinnt, ohne auch in der Regie-Kategorie nominiert gewesen zu sein. "Miss Daisy und ihrChauffeur" war 1989 der letzte Film, dem dieses Kuriosum gelang.
Apropos Regie: Da mit Ben Affleck der größte Konkurrent gar nicht erst nominiert ist, lässt sich auch in dieser zweiten wichtigen Kategorie ein eindeutiger Favorit ausmachen: Steven Spielberg wird sowohl von Indiewire, als auch von Ladbrokes (Quote: 1,25:1) als heißester Kandidat gehandelt. Tröstlicher Nebensatz von Indiewire: Michael Haneke sollte gewinnen.
Daniel Day Lewis wieder mal der Beste?
Auch in der Kategorie"Bester Hauptdarsteller"scheint alles entschieden. Daniel Day Lewis wird sich wohl über seinen dritten Oscar in dieser Kategorie freuen können, was ihm zum alleinigen Spitzenreiter machen würde. Der einzige, der ihm lautIndiewire hier noch gefährlich werden könnte, ist Hugh Jackman. Für seine Rolle in der Musical-Verfilmung „Les Misérables“ bekam der Australier viel Lob. Ladbrokes sieht das Rennen weniger knapp. Für einen Dollar / Euro / Pfund, den man auf Daniel Day Lewis setzt, würde man beim britischen Wettbüro gerade mal 1,02 ebendieser zurückbekommen. Bei Hugh Jackman wären’s ganze 17.
Lawrence oder Riva - Jugend vor Alter?
Weniger eindeutig sind die Favoritenrollen in der Kategorie "Beste Hauptdarstellerin" verteilt:LadbrokesräumtShootingstar Jennifer Lawrencemit einer kümmerlichen Quote von 1,57:1 die besten Chancen ein. Emanuelle Riva folgt ihr mit einer Quote von 3,50:1.Indiewire sieht hingegen die Hauptdarstellerin aus "Amour" im Vorteil. Wer die Oscarnacht also mit ein bisschen zocken würzen will, ist gut beraten auf Riva zu setzen.Die 85-Jährige hat das berühmte Momentum. Bei den britischen BAFTA-Awards, den letzten großen Filmpreisen vor den Oscars, konnte sie Lawrence die Auszeichnung vor der Nase wegschnappen. Außerdem hätte ein Sieg von Riva sentimentalen Wert: Die Französin wird ausgerechnet in der Oscarnacht 86 Jahre alt – Bereits jetzt sie die älteste Schauspielerin, die je für einen Oscar nominiert wurde.
Waltz wohl chancenlos
Während Riva also hoffen darf, sieht es fürChristoph Waltz eher schlecht aus. Die Konkurrenz von Robert deNiro und Philipp Seymour Hoffman in der Kategorie "Bester Nebendarsteller“ scheint einfach zu groß – zumal Waltz bereits für seine Rolle in "Inglorious Basterds" vor drei Jahren für eine sehr ähnliche Rolle wie in „Django Unchained“ mit dem Oscar belohnt wurde.
Ebenfalls entschieden dürfte die Kategorie "Beste Nebendarstellerin" sein. Anne Hathaway hätte sich – da sind sich die meisten Kritiker einig – die Auszeichnung mehr als verdient. Ihr Live gesungenes „I Dreamed A Dream“ überzeugt offensichtlich auch die Buchmacher. 1,01 Dollar gibt es für jeden Dollar zurück. Da kann man das Geld gleich auf dem Sparbuch lassen.
Ein Oscar für Österreich scheint fix
Zum Schluss noch gute Nachrichten für Österreich: Der Oscar für den besten fremdsprachigen Film kann dieses Jahr eigentlich nur nach Österreich gehen. Nicht nur, weilMichael Hanekemit "Amour" bei praktisch allen wichtigen Internationalen Filmpreisen, inklusive der goldenen Palme in Cannes und den Golden Globes, gewinnen konnte - und mit fünf Auszeichnungen seine Mitbewerber deutlich in den Schatten stellt. Sondern auch, weil es der erste Oscar für den weltweit geschätzten Regisseur wäre.
Die Drehbuchkategorien sind die einzigen, in denen sich tatsächlich kein Favorit abzeichnet. Sowohl „Django Unchained“, „Amour“, „The Master“, als auch „Flight“ und „Zero Dark Thirty“ haben in der Kategorie „bestes Originaldrehbuch“ Chancen – für „bestes adaptiertes“ Drehbuch sind „Argo“, „Silver Lining Laybook“ und „ Lincoln“ in der engeren Auswahl.