Kultur

Wer auf den "billigen Plätzen" saß, bezahlte mit dem Leben

"Alles gerettet, Eure kaiserliche Hoheit!" Mit dieser Falschmeldung verzögerte ein Polizeibeamte r lebensrettende Hilfsmaßnahmen. Es dauerte weitere zwanzig Minuten, ehe eine neue Dimension der Brandkatastrophe im Wiener Ringtheater entdeckt wurde – und nur noch die Leichen jener Zuschauer geborgen werden konnten, die in den oberen Rängen gesessen waren.

Der Ringtheaterbrand, eine verheerende Feuerkatastrophe von 1881, forderte an die 400 Tote und erschütterte die Kaiserhauptstadt. Ausgelöst durch eine Gasexplosion, vernichtete das Feuer vor allem das Leben der Menschen auf den "billigen Plätzen": Wer die Aufführung von "Hoffmanns Erzählungen" an jenem 8. Dezember von den zweiten, dritten und vierten Rängen aus beobachtete – jemand wie Ludwig, der Praktikant, Anna, die Dienstmagd, oder Karoline, Tochter eines Seifensieders – der musste mit seinem Leben bezahlen.

Diesen Opfern setzt Maya McKechneay, in München geborene Filmkritikerin mit Wohnsitz in Wien, in ihrer schönen, ersten Langdoku ein berührendes Denkmal: "Sühnhaus" nennt McKechneay ihre feingliedrige Erinnerungsarbeit, die brisante Schichten Wiener Lokalhistorie freilegt.

Heute steht am Schottenring 7, dem ehemaligen Standort des Ringtheaters, das Gebäude der Landespolizeidirektion. Nachdem das Theater abgebrannt war, errichtete der Kaiser persönlich an jener Stelle das sogenannte "Sühnhaus": Es sollte der Erinnerung an die Opfer des Brandes dienen und mit den Mieteinnahmen bedürftige Menschen unterstützen. Sigmund Freud hatte seine erste Praxis in diesem Gebäude – doch auch ihm bescherte die Adresse wenig Glück.

"Ich mag Geistergeschichten und -Filme", sagt McKechneay gleich zu Beginn im Off-Ton. Doch anstelle von Geistern setzt sie Geisteshaltungen frei: Von gierigen Unternehmern, die ein Theater mit zu vielen Plätzen vollräumen, um Geld zu scheffeln; von Stätten, an denen die Leichen von Gehenkten verscharrt und Rebellen der Revolution von 1848 erschossen worden waren.

Info: "Sühnhaus" läuft am 25.10., 18.00, Gartenbau; 27.10., 11.00, Stadtkino im Künstlerhaus.

Der beste Alleinunterhalter unter der Sonne Menschen, die Carsten Meyer alias Erobique schon einmal live beim Abfreaken am Keyboard erleben durften, berichten mit leuchtenden Augen von Momenten, die sie niemals in ihrem Leben vergessen werden. Der Musiker und Spaßvogel aus Hamburg gilt beim Partyvolk als einer der besseren Alleinunterhalter unter der Sonne. Der musikalische Tausendsassa, der in den 1990er-Jahren in das Umfeld der HipHop-Crew Fischmob geriet, gründete 2002 mit deren Mitgliedern DJ Koze und Cosmic DJ International Pony. Mit dieser Band lieferte an der Schnittstelle zwischen Soul, R&B und House tolle Alben ab. Nach deren Auflösung im Jahr 2010 hat sich Erobique mit seinen anarchisch-fröhlichen Live-Auftritten auch eigenen Produktionen sein eigenes Publikum erspielt. Er komponiert, performt und legt auf, was zu Schweiß treibenden Tanzmarathons ausarten kann. spontanen Gesangseinlagen sind legendär, seine Texte aufmunternd: „Wenn mal wieder alles schief läuft, geht es wieder bergauf. Da sauf ich einen drauf. Es ist halb so schlimm, halb so wild, es ist easy, es ist easy mobisi…“ Wo Erobique, die "Endorphinmachine" spielt, scheint die Sonne. Am Dienstag dann im Viennale Festivalzentrum (ab 22 Uhr).

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Am Mittwoch (25.10.) geht es dann ähnlich lässig weiter. Zu Gast ist Doug Shipton, der mit seinem Label Finders Keepers Records vergessene Musikgeschichte ausgräbt und auflegt: Anatolischer Rock, Horror-Soundtracks aus der ehemaligen Tschechoslowakei, Prog-Rock aus Ungarn, und Funk aus Persien. Musik aus aller Welt zu Gast bei der Viennale.

INFO: Beide Termine finden im Viennale Festivalzentrum (Dominikanerbastei 11) bei freiem Eintritt statt.