Kultur

Wanda: "Am Ende war ich ein Wrack"

Gerade haben Wanda ihr Live-Album "Amore meine Stadt", das im April in der Wiener Stadthalle aufgenommen wurde, veröffentlicht. Aber die zur Zeit größten Rockmusiker Österreichs arbeiten schon am nächsten Album. Wenn sie sich nicht – wie Sänger Marco Wanda und Keyboarder Christian Hummer im KURIER-Interview erzählen – auf einem Kreuzfahrtschiff besaufen.

KURIER: Sie kommen gerade von der Bussi-Kreuzfahrt zurück, wo Sie mit Nino aus Wien, Voodoo Jürgens und ihren Fans fünf Tage im Mittelmeer unterwegs waren. Wie war das?

Marco Wanda: So, dass ich ein paar lustige Namen dafür gefunden habe: Tschecherei auf 16 Decks. Oder Promille mit Schiffsschraube. Auch Spur des Todes durchs Mittelmeer, weil die Schiffsschraube vermutlich Tonnen an Fischen zerstört. Aber von diesem Umwelt-Massaker haben wir nichts mitbekommen, wir waren anderweitig beschäftigt, haben uns aus purer Lebensfreude besoffen. Auf so einem Schiff kann man auch nicht viel anderes machen, als das All-inclusive-Angebot zu nützen.

Gibt es gar keine erzählenswerten Anekdoten?

Marco Wanda: Die einzige Anekdote, die mir einfällt, ist der besoffene Michael Ostrowski, der mit dem Gerald Votava im Schiffstheater spontan eine Blaskapelle anmoderiert hat.

Christian Hummer: Das war die Blasmusik von Nauders, einem Ort in Tirol. Die war zufällig auch auf dem Schiff. Deren Oboistin hat am Nachmittag den Ostrowski und den Votava gefragt, ob sie die Sänger von Wanda sind. Deshalb haben die dann diese Kapelle angekündigt.

Wie war das Abschlusskonzert in Bologna?

Marco Wanda: Dort zu stehen, wo unsere Popularität herkommt, war schon bewegend. Denn mit dem Song "Bologna" hat es eigentlich angefangen. Wir waren auch bei dem Fleischerladen, der Ceccarelli heißt, der auch in dem Video vorkommt. Die Besitzerin hat uns sofort erkannt. Sie sagte, dass regelmäßig Fans kommen, die Fotos mit ihr oder vom Laden wollen. Und sie meinte, dass sie durch uns ein Umsatzplus macht. Deshalb hat sie uns Salami und Olivenöl billiger verkauft und mir ein kleines Geschenk gemacht. Sehr herzlich – hat sich wie Familie angefühlt.

Das ist aber nicht eine Verwandte von Tante Ceccarelli aus dem Song, zu der Sie eine gute Beziehung hatten?

Marco Wanda: Mit der Ladenbesitzerin sind wir nicht verwandt, nein. Die Familie, die ich in Bologna habe, war leider nicht beim Konzert. Die haben wir nicht erreicht, da dürfte sich eine Nummer geändert haben. Sehr schade.

Davor waren Sie auf Festival-Tour, was Sie im Vorfeld als "unseren Jahrhundert-Sommer" bezeichnet haben ...

Marco Wanda: Das war sehr schön. Wir haben viel gelernt. Ich hab vor allem gelernt, dass ich nie wieder so viele Festivals spielen will. Wir sind dabei bis an die Grenze der Erschöpfung gegangen. Am Ende war ich ein Wrack.

Haben Sie gar keine guten Erinnerungen?

Marco Wanda: Doch! Für mich war das große Fragezeichen, wie die Leute auf uns reagieren, weil wir oft als Headliner oder kurz vor dem Headliner aufgetreten sind, und uns da sicher nicht alle kannten. Aber wir haben sie immer alle begeistern können. Und speziell das Hurricane war unglaublich.

Christian Hummer: Das war wetterbedingt an der Grenze zur Absage. Southside, das Schwestern-Festival, wurde abgesagt, kurz bevor wir spielen konnten.

Marco Wanda: Da haben wir gesehen, wie ein Blitz in einem Baum einschlug und der Baum zu brennen begann. Unsere Garderobe wurde von einer Land gewinnenden Wassermasse eingenommen – so schnell, dass wir beim Evakuieren helfen mussten, alles auszustecken, damit niemand an einem Stromschlag stirbt. Mit dieser Emotion sind wir zum Hurricane, wussten nicht, ob dort das Gleiche passiert. Aber dort konnten wir spielen. Deshalb war das dann wie eine Explosion. Die Leute waren so dankbar dafür.

Sie arbeiten am dritten Album. Gibt es auf der Tour schon neue Songs zu hören?

Marco Wanda: Der eine oder andere neue Song könnte uns da schon auskommen. Sieben oder acht gibt es ja schon. Aber wir kommen grundsätzlich immer unvorbereitet zu Konzerten und schreiben die Setlist erst kurz davor. Ich weiß es also nicht. Ich denke auch nicht darüber nach. Seitdem wir vier Wochen Platz eins waren, ist mir alles wurscht. Jetzt bin ich viel lockerer.

In den Liner-Notes von "Amore meine Stadt" wird angedeutet, dass es mit dem nächsten Album in eine neue Richtung geht ...

Marco Wanda: Nein, nein ...

Christian Hummer: Na ja, es klingt schon anders. Wir haben andere Strukturen, andere Instrumentierungen – einiges, was man von uns nicht erwarten würde. Das wird nicht so in die Reihe der ersten beiden reinpassen, die eigentlich wie zwei Teile eines Doppel-Albums waren.

Marco Wanda: Es ist auch viel zu früh, um darüber zu sprechen. Das wird erst im Sommer 2017 erscheinen. Wer weiß, was bis dahin passiert. Mein Motto ist: Tausend Lieder schreiben und zwei davon aufnehmen – damit die absolut besten übrig bleiben.

Gehen auch die neuen Texte in eine andere Richtung?

Marco Wanda: Ich glaube, es wird düsterer werden.

Christian Hummer: Das sagst du immer.

Marco Wanda: Stimmt, das sage ich immer. Ich sag von Album zu Album: ,Jetzt wird es endlich mal tragisch und existenziell!‘ Und dann schleicht sich doch ein Funken Lebensfreude ein. Aber darüber denke ich auch nicht mehr nach. Denn in Wahrheit ist es so: Ein Joint, zwei Radler – und man schreibt ein gutes Lied!

Wanda auf Herbst-Tournee

  • 1. 12. Hohenems/Eventcenter
  • 2. 12. Wiener Neustadt/Arena Nova
  • 3. 12. Graz/Stadthalle
  • 10. 12. Linz/TipsArena
  • 21. 12.Salzburg/Salzburgarena
  • 22. 12. Innsbruck/Dogana

Eintrittskarten: 01/96 0 96 oder www.oeticket.com

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Tante Ceccarelli wäre in ein größeres Haus umgezogen, wenn sie noch lebte: Die Band ihres Neffen Marco Michael Wanda füllt mittlerweile die Stadthalle. Ein Antischwarm wurde zum Teeniehit. Und man bleibt sich treu. Die lederbejackten Buben (man hofft als Zuseher inständig, dass die Kleidungsstücke irgendwann einmal ausgetauscht werden) traten mit sichtbarem Respekt, aber umso mehr Spielfreude im April vor 12.000 Leuten auf.

Die Aufzeichnung des denkwürdigen Abends liegt nun pünktlich zum Weihnachtsgeschäft unter "Amore Meine Stadt" auf CD samt Konzert-DVD vor. Die Platte ist ein Zeugnis dessen, was aus dem Burschenwunder mittlerweile auch geworden ist (auch wenn sie das bestimmt nicht hören wollen): Ein Musikunternehmen mit Fans, die im tausendfachen Chor mitbrummen.

Bussis und Rührung

Vor dem Konzert gab es obligatorische Bussis im Bandgefüge, wie die DVD zeigt. Die fünf Freunde wirkten sichtlich berührt, als sie von hinter der Bühne auf die Menschenmassen lugten.

Schnitt: "Tu mir weh, Luzia", "Bleib wo du warst" ... Spätestens bei Lied Nummer vier, "Schickt mir die Post", ist man frisch in die Band verliebt. Der Todessehnsuchts-Ohrwurm wird kurzerhand auf Jazz gedreht, was wunderbar gelingt. Und beim Amore-Hit "Bologna" gegen Ende ist klar: Diese Gruppe hat sich auch handwerklich gefunden. Wanda klingen, wie Wanda klingen – ob auf der Parkbank oder in der größten verfügbaren Konzerthalle.

Auf CD funktioniert das Vergnügen deutlich besser. Der beiliegende Konzertfilm vergisst dafür nicht auf die dreckige Herrenwitz-Attitüde, die die Band genauso beherrscht wie die feinsinnige Lyrik: Wenn es im Text besonders anzüglich zugeht, werden gerne Mädchen eingeblendet, die laut mitsingen.

Das muss man mögen oder ein bisschen dämlich finden. Ebenso wie die Jacken.