Kultur

Treffsicher ins Kunstjahr 2015

Wenn Kunsthäuser und Museen ihre Jahresprogramme auf den Tisch legen, ist das stets ein erhellender Moment: Man sieht, worüber Kuratoren nachdenken und auf welche Fragen sie von der Kunst Antworten erhoffen. Man sieht aber auch die Spuren von Sachzwängen, persönlichen Vorlieben und Seilschaften: Sie führen manchmal zu Synergien, öfter aber zu jenen Doppelgleisigkeiten, die man in kulturpolitisch ambitionierteren Tagen einst eliminieren wollte.

Die "Schwerpunkte", die das Ausstellungsjahr 2015 in Österreich prägen, erscheinen somit eher als Zufallsprodukte denn als Hervorbringungen eines dominanten Zeitgeists. Ein Überblick.

Pop! Pop! Pop!

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Der Wunsch nach einer neuen Auseinandersetzung mit Pop Art liegt offenbar in der Luft. Den Anfang macht hier überraschenderweise das in der Theorie für österreichische Kunst zuständige Belvedere, das von 13. Jänner bis 26. April Werke des US-Künstlers und Pop-Urahns Jasper Johns zeigt. Es folgt das mumok mit Pop aus der Sammlung Ludwig, in der Johns ebenfalls eine tragende Rolle spielt ("Ludwig Goes Pop", 13. Februar–13. September). Die Albertina zeigt die Künstlerin Elaine Sturtevant, die den Starkult von Andy Warhol & Co. kritisch unterwanderte (14. Februar–17. Mai).

Alte und Neue Wilde

Expressive Malerei feiert 2015 ein Revival: Das KHM widmet sich in der Schau "Fantastische Welten" (17. März–14. Juni) ausdrucksstarken Bildern in der deutschen Malerei um 1500; das Leopold Museum zeigt nach zwei Schiele-Präsentationen den deutschen Expressionismus ab 1905 (ab 9. Oktober).

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Das Museum der Moderne Salzburg zeigt "Expressionismen" aus seiner Sammlung (7. März–21. Juni). Die "Wilde" Malerei der 1980er ist Thema im Essl Museum ("Die wilden Jahre", 18. März– 31. Mai); die jüngst als Schenkung an Museen übertragene "Sammlung Ploner", die wichtige Werke dieser Epoche umfasst, wird in der Albertina (10. Juni–23. August) und im Belvedere (8. Juli– 1. November) gezeigt. Auch das Wien Museum widmet sich der Kunstszene der 1980er (ab 24. September), das Bank Austria Kunstforum würdigt mit Hubert Schmalix einen zentralen Protagonisten (6. Mai–12. Juli). Die Neue Galerie Graz zeigt Wolfgang Hollegha (ab 2. Oktober).

Traum und Landschaft

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Weniger expressiv geht es im "Archiv der Träume" zu: Unter diesem Titel zeigt die Albertina grafische Schätze aus dem Museé d’Orsay in Paris (30. Jänner–3. Mai). Das 21er Haus zeigt parallel "Schlaflos – das Bett in Geschichte und Gegenwartskunst" (30. Jänner–7. Juni). Surreales verspricht auch die Werkschau des US-Sonderlings Joseph Cornell im KHM (ab 20. Oktober). In Landschaften schwelgen kann man in einer Foto-Ausstellung des Bank Austria Kunstforum Wien (11. Februar–26. April) oder im Grazer Museum Joanneum, wo man das gesamte Jahresprogramm unter das Motto "Landschaft" gestellt hat.

Blick vor, Blick zurück

Rückblicke gelten 2015 dem 150-Jahr-Jubiläum der Wiener Ringstraße (Wien Museum, Belvedere, Secession, Jüdisches Museum, ÖNB) und dem 650. Jubiläum der Wiener Uni (ÖNB, Jüdisches Museum). Nach vorn blickt dagegen die erste vom MAK initiierte "Vienna Biennale", die in mehreren Ausstellungen Visionen für "positiven Wandel" aufzeigen will (11. Juni–4. Oktober).

2015 ist wieder ein "Biennale-Jahr": Von 9. Mai bis 22. November stehen in Venedig die "Giardini", das Arsenal und zahllose Palazzi ganz im Zeichen zeitgenössischer Kunst. Der Österreich-Pavillon wird von Heimo Zobernig bespielt, im Herbst folgt im Kunsthaus Bregenz eine Solo-Schau des renommierten Künstlers (ab 7. 11.)

Für alle, die Kunst gern bei ihrer Reiseplanung berücksichtigen, kommen auch sonst viele Städtetrips infrage. So setzt man sich 2015 auch international intensiv mit Pop Art auseinander: In der Frankfurter Schirn-Kunsthalle läuft noch bis 8. Februar die Schau "German Pop"; das Pariser Grand Palais zeigt "Amerikanische Ikonen" (8. April bis 22. Juni), und in der Tate Modern London heißt es "The World Goes Pop": Die globalen Echos der Pop-Kunst sind Thema einer Großausstellung (17. September 2015–24. Jänner 2016).

Das MoMA in New York erweitert seinerseits den Pop-Begriff, wenn es 2015 der isländischen Sängerin Björk eine Retrospektive widmet (8. März–7. Juni).

In New York eröffnet am 1. Mai auch der Neubau des Whitney Museums of American Art von Renzo Piano; die Kunstmesse "Frieze New York" steigt von 14. – 17. Mai.

Dauerbrenner

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Klassische Moderne befeuert auch 2015 den Kunstbetrieb: Die National Gallery London packt das Thema "Impressionismus" mit einer Themenschau zum Händler Paul Durand-Ruel an (4. März–31. Mai), das Frankfurter Städel Museum zeigt "Monet und die Geburt des Impressionismus" (11. März–21. Juni).

Paul Gauguin wird in der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel (CH) mit einer großen Schau geehrt (8. Februar– 28. Juni) – das Interesse der Kunstelite, die sich rituell zur Messe Art Basel einfindet (18.–21. Juni), ist garantiert.

In den Niederlanden versucht man indes, das nicht ganz runde Jubiläum des 125. Todestags von Gauguins Kompagnon Vincent Van Gogh zum Anlass eines Schwerpunkt-Jahres zu machen: Das Amsterdamer Van-Gogh-Museum und mehrere regionale Museen sind dabei (www.vangogh2015.eu).

Gleich zwei Ausstellungen widmen sich 2015 dem Einfluss Pablo Picassos auf die zeitgenössische Kunst: Von 3. April bis 12. Juli feiern die Hamburger Deichtorhallen ihre Wiedereröffnung nach der Renovierung, im Herbst folgt das Grand Palais in Paris mit seiner Sicht (7. Oktober 2015–29. Februar 2016). Zuvor zeigt das Pariser Haus noch Velázquez (25. März–13. Juli) – mit vielen Leihgaben aus dem Wiener KHM.