Kultur

Tanzen in einem verregneten Heute

Tanzen in ein besseres Morgen“ – das heißt beim Tomorrow-Festival nicht zwangsläufig Festivalgenuss ohne Kater danach. Denn auch das dort kredenzte Bio-Bier enthält Alkohol. Nein, das „bessere Morgen“ soll nach dem Willen des Veranstalters Global 2000 ein Europa ohne Atomkraft sein.

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Die österreichische Bevölkerung hat bereits 1978 gewissermaßen den perfekten Schauplatz für derlei Festspiele des nachhaltigen Denkens geschaffen: DasAKW Zwentendorf, welches nach der Ablehnung per Volksabstimmung nie in Betrieb gegangen ist und wie ein in Beton gegossenes Mahnmal für fehlgeleitete Energiepolitik in der niederösterreichischen Landschaft steht.

Rockfestival für "Systemwandel"

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Als Mittel, um eine „junge Bewegung für einen Systemwandel“ zu schaffen, hat Global 2000 im Vorjahr das Format Rockfestival für sich entdeckt. Am Wochenende ging das dreitägige Event zum zweiten Mal über die Bühne.

Doch der Markt ist dicht besetzt. Auf so ziemlich jedem Acker des Landes zwischen Feldkirch und Nickelsdorf wird gerockt, gefeiert und campiert. Das geht nicht überall ökologisch einwandfrei vonstatten.

Das Tomorrow-Festival möchte sich gerade in diesem Punkt von den übrigen Festivals abheben und will so sein Alleinstellungsmerkmal gefunden haben - auch wenn andere Veranstalter ebenfalls bereits Ökokonzepte entwickelt haben.

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Das merkt man auf dem Festivalgelände im Tullnerfeld an jeder Ecke. Am korrekten Trennen von Müll kommt man kaum vorbei, das sonst übliche Schlachtfeld aus Bierdosen, Plastikbechern und Einweggeschirr wird erst gar nicht angerichtet. Bei den Imbissständen, die biologische und regionale Produkte anbieten, werden Geschirr und Besteck abgewaschen und so Müllberge vermieden.

Auch mit Gratis-Anreiseaktionen per Zug, Bus-Shuttle oder Fahrrad sollte CO2 eingespart werden. Blechlawinen waren selbst nach Ende des letzten Konzerts nicht festzustellen, und der etwas überdimensionierte Feldparkplatz war schütter besetzt.

Ansturm ist ausgeblieben

Das hat aber auch einen anderen, weniger erfreulichen Grund: Der große Ansturm auf das zweite Tomorrow-Festival ist ausgeblieben. 10.000 Besucher hat der Veranstalter, in Addition der drei Festivaltage, gezählt. Damit ist man nicht über das Ergebnis des Vorjahres hinausgekommen, als man allerdings noch keine großen internationalen Namen wie Kaiser Chiefs, die Fantastischen Vier oder Maximo Park gebucht hatte.

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Nicht zuletzt das hartnäckige Schlechtwetter dürfte manche Kurzentschlossene noch von der Anreise abgehalten haben. Dennoch sollte man in der Analyse nicht vergessen, dass sich das Festivalvolk üblicherweise kaum von Nässe und Kälte abschrecken lässt. Das bewies auch der Auftritt der deutschen Hip-Hop-Pioniere Die Fantastischen Vier, bei dem das tapfere Publikum noch einmal so richtig in Partylaune kam (siehe Bildergalerie).

Weniger Festivalbesucher bedeuten zwar theoretisch auch weniger CO2-Verbrauch, könnte man schelmisch anmerken. Aber die junge – zum Teil auch sehr junge - Bewegung für einen Systemwandel hat man sich vonseiten des Veranstalters freilich wesentlich größer vorgestellt.

www.tomorrow-festival.at

Im Rahmen der internationalen Anti-Atom-Konferenz, die zeitgleich mit dem "Tomorrow Festival" auf dem Gelände des AKW Zwentendorf stattfand, wurde die "Deklaration von Zwentendorf" verabschiedet. Sie skizziert die Eckpunkte für die Zukunft von Europas Atomenergie. Unter anderem wird darin die Schließung aller Hochrisikoreaktoren in Europa gefordert.

Als Hochrisikoreaktoren werden dabei jene ohne Volldruck-Containment oder jene in seismisch aktiven Gebieten, ebenso wie Siedewasserreaktoren (insbesondere vom Fukushima-Typ) und alle jene, die eine Betriebsdauer von 30 Jahren erreicht haben, bezeichnet.

Weiters sollen keine neuen Atomkraftwerke gebaut werden, die Lebensdauer bestehender AKW nicht verlängert und eine volle Haftpflicht für Nuklearschäden während des gesamten Brennstoffzyklus eingeführt werden.

Die Vertreter aus insgesamt 18 Ländern treten auch für die Abschaffung des EURATOM-Vertrags und der EURATOM-Kredite ein. Insbesondere die von der EU-Kommission geplante Einführung neuer staatliche Subventionen für die Errichtung neuer AKW sei zu verhindern.

(apa)