Kultur

Tommy Lee von Mötley Crüe: Lieber nicht am Rummel enden

Ich hab keine Ahnung, wieso, aber wir waren tatsächlich noch nie vorher bei euch gewesen. Schade. Denn ich war mit meiner Band Methods Of Mayhem hier. Und so weit ich mich erinnern kann, war das ein tolles Konzert – super Publikum!"

Kurz vor seinem Auftritt beim Nova-Rock-Festival in Nickelsdorf bedauerte Mötley-Crüe-Drummer Tommy Lee im KURIER-Interview, dass das Konzert in Nickelsdorf das erste seiner Band in Österreich war. Denn es war definitiv auch das letzte: Mötley Crüe sind nämlich auf ihrer Abschiedstour. Damit kommt das Quartett zwar im Herbst noch einmal nach Europa, aber nicht mehr nach Österreich. Und nach der Show am 31. Dezember in Los Angeles ist endgültig Schluss. Das haben Lee, Sänger Vince Neil, Bassist Nikki Sixx und Gitarrist Mick Mars sogar per notariell beglaubigtem Vertrag festgelegt.

Frechheit

"Es war meine Idee, diese Entscheidung so zu besiegeln", erklärt Lee, der Mötley Crüe 1981 mit Nikki Sixx gegegründet hatte. "Denn wir wollten nicht so werden wie so viele Bands, die ewig lange auf Abschiedstour sind. Wir finden, dass es eine Frechheit gegenüber den Fans ist, wenn man sagt, es ist das letzte Mal, und dann ein Jahr später doch noch einmal kommt. Es schafft auch eine ganz andere Atmosphäre, wenn wir in eine Stadt kommen, und alle wissen, das wird das letzte Mal sein, dass man sich sieht – zumindest als Mötley Crüe."

Aber was ist dieser Vertrag wert? Wenn sich alle vier einig sind, doch noch weiterzumachen, gibt es keinen Kläger und somit auch keinen Richter. "Das kann schon sein", sagt Lee. "Aber ehrlich gesagt, ich bezweifle das. Ab Anfang 2016 werden wir alle unsere eigenen Wege gehen. Ich haben zwei Musikprojekte, über die ich aber noch nichts Genaues sagen kann. Ich will andere Acts produzieren und mein Traum ist, Filmmusik zu schreiben. Und die anderen haben auch alle schon Pläne für danach."

Die Entscheidung, aufzuhören, schwebte für die Band, die über 34 Karriere-Jahre viele Besetzungswechsel durchgemacht hat, schon länger im Raum: "Wir haben schon vor sechs oder sieben Jahren angefangen, immer wieder darüber zu sprechen: Wie können wir das würdevoll beenden? Denn wir haben alles erreicht, was wir erreichen wollen. Und wir wollen nicht am Rummel enden, wie so viele andere Bands, mit denen wir groß geworden sind. Wir wollen in Erinnerung bleiben, wie wir jetzt sind: Wir können immer noch in großen Hallen spielen. Und wir sind alle immer noch in guter Form."

Gleichberechtigt

Damit spielt Lee auf Mick Mars an, der seit Teenager-Tagen an einer chronischen Form von Arthritis leidet, die die Wirbelsäule angreift und mit fortschreitendem Alter immer schlechter wird.

Dass Streitereien in der Band zum Abschiednehmen geführt haben, verneint Lee: "Wir hatten immer ein cooles System. Wir haben wie eine Firma mit vier – auch finanziell – gleichberechtigten Teilhabern funktioniert, über alles demokratisch abgestimmt. Natürlich gibt es da immer wieder Unstimmigkeiten. Aber am Ende sind wir wie Brüder – die sich manchmal streiten, aber doch immer zusammenhalten."

Wird es dann beim Konzert am 31. Dezember in Los Angeles Abschiedstränen geben? "Das kann gut sein. Das wird auf jeden Fall sehr emotional."