Tommy Lee: Hip-Hop-LP mit jungen Talenten
„Ich habe alles an David Bowie und Prince geliebt“, erklärt Mötley-Crüe-Drummer Tommy Lee im Interview mit dem KURIER. „Sie standen an der Spitze meiner Liste von Musikern, mit denen ich gerne arbeiten würde. Leider wird das nicht mehr passieren, und es macht mich traurig, dass sie nicht mehr leben.“
Der 58-jährige Amerikaner hat für sein heute, Freitag, erscheinendes Solo-Album „Andro“ trotzdem genug Talente gefunden, die seine elektronischen Songs zwischen Hip-Hop, House, Funk und Industrial umsetzen. Der bekannteste davon ist Post Malone. Sonst hat Lee Newcomer in sein Heim-Studio in der Villa in Calabasas nahe Los Angeles geholt – etwa Rapper Killvein, die Südafrikanerin Push Push oder Lukas Rossi, mit dem Lee das Prince-Cover „When You Were Mine“ aufgenommen hat.
Egal über welchen seiner Vokal-Gäste Lee spricht, immer tut er es mit Enthusiasmus und höchstem Lob. Es freut ihn, dass er ihnen eine Plattform geben kann, aber das ist nicht sein Hauptantrieb: „Schon wenn ich in meinem Studio an einem Track arbeite, denke ich, der wäre noch großartiger, wenn ihn die oder der singen würde. Und dann rufe ich die oder den an.“
Der Albumtitel „Andro“ steht für einen Teil von „androgyn“ und weist auf „eine Balance der männlichen und weiblichen Energie“ hin. Dabei sind alle von Männern interpretierten Songs hintereinander gereiht, danach kommen alle mit weiblichen Stimmen. „Das kam daher, dass ich lange an der Reihenfolge herumgebastelt habe und nichts funktioniert hat, bis ich die männlichen Songs von den weiblichen getrennt habe.“
Enttäuschte Kommentare von Fans im Internet, dass all das absolut nicht nach Mötley Crüe klingt, der Glam-Metal-Band mit der Lee berühmt wurde, kommentierte er kurz mit: „Es steht auch nicht Mötley Crüe drauf!“
Ärgert den Skrillex- und Beastie-Boys-Fan, der auch als erfolgreicher DJ unterwegs ist, so eine Einstellung seiner Anhänger? „Nein. Ich habe musikalisch immer viele verrückte Sachen gemacht. Wer’s nicht mag, muss es ja nicht hören.“
Schon arbeitet Lee an einem zweiten, ähnlichen Solo-Album. „Weil ich mich in der Corona-Zeit viel im Studio vergnügt habe, habe ich sieben Songs für den ,Andro‘-Nachfolger fertig. Außerdem habe ich ein Weihnachtslied gecovert und spiele Drums auf ,Climb‘ von 24kGoldn und Machine Gun Kelly.“
Lee sagt, er habe die Lockdown-Zeit genossen, war viel mit seiner vierten Frau, der amerikanischen Influencerin Brittany Furlan, und den Hunden spazieren, habe ausgedehnte Radtouren unternommen. „Aber eigentlich war es nicht viel anders als sonst. Denn ich habe das soziale Ausgehen zu Partys oder in Clubs ohnehin davor schon stark eingeschränkt.“
Für seinen exzessiven Alkohol-Konsum bekannt, war Lee 2017 auf Entzug. Schon zu Beginn der 10er-Jahre war er vier Jahre lang trocken gewesen, hatte sich aber auf der letzten Mötley-Crue-Tour wieder angewöhnt, literweise Wodka zu trinken: „Ich denke, ich werde immer wieder solche Phasen haben. Aber dann realisiere ich auch immer wieder: ,Das ist verrückt. So will ich nicht leben!‘ Jetzt habe ich seit einem Jahr keinen Alkohol mehr getrunken.“