Kultur

Thomas Hampson: Der Schatzgräber sucht weiter

Viele Jahre hat er sich in Wien und in Österreich rar gemacht und damit eine große künstlerische Lücke hinterlassen. Seit einiger Zeit aber ist Thomas Hampson wieder da. Besser denn je und mit vielen Plänen im Gepäck.

Los geht es bereits am Samstag (13.4.) im Wiener Konzerthaus, wo Hampson in einer konzertanten Aufführung in der Titelpartie von Giuseppe VerdisSimon Boccanegra“ zu erleben ist. Wie auch bei der Reprise am 17. April sind Joseph Calleja, Kristine Opolais, Luca Pisaroni und Carlo Colombara seine Partner; Massimo Zanetti steht am Pult der Wiener Symphoniker. Die beiden Abende werden für eine CD-Produktion mitgeschnitten.

Strudel der Emotionen

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„Ich freue mich sehr auf diesen ,Boccanegra‘. Das ist zwar eine Partie, bei der ich gar nicht so viel zu singen habe, die man jedoch emotional mit Leben erfüllen muss. Alle Protagonisten in diesem Werk sind in einem Strudel der Emotionen gefangen“, sagt Hampson im KURIER-Gespräch. Nachsatz: „Diese konzertanten Aufführungen sind auch ein Test für die ,Boccanegra‘-Spielserie im September an derWiener Staatsoper.“ Hier ist Hampson bereits im Mai als Giorgio Germont in Verdis „La Traviata“ zu erleben. Bei den Salzburger Festspielen kommt im Sommer der Posa in einer Neuproduktion von Verdis „Don Carlo“. Regie führt Peter Stein, Antonio Pappano dirigiert die Wiener Philharmoniker, und in der Titelpartie ist Jonas Kaufmann zu erleben. Hampsons Verdi-Festspiele im Verdi-Jahr also.

Würdevoller Wagner

Und Wagner? Gibt es da keine Pläne? „Natürlich. Aber Wagner braucht seine Zeit. Im Herbst werde ich in den USA in einer ,Parsifal‘-Neuproduktion den Amfortas singen. Vielleicht eines Tages auch wieder in Europa.“ Und ein Beckmesser in den „Meistersingern“? „Ganz ehrlich, das ist eine Partie, die mich nicht wirklich interessiert. Wenn ,Meistersinger‘ – dann hoffe ich, eines Tages ein würdiger Hans Sachs zu werden.“

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Was aber hält der international gefeierte Künstler von solchen 200-Jahr-Jubiläen wie bei Verdi und Wagner? „Das sind beides Komponisten, die man nicht mehr zu etablieren braucht. Verdi und Wagner waren Giganten. Es ist aber schön, dass anlässlich irgendwelcher Geburtstage auch unbekanntere Werke aufgeführt werden. Bei einem Komponisten wie Benjamin Britten, dessen 100. Geburtstag wir ja heuer auch feiern, ist das anders. Da können Jubiläen etwas bewirken. Ich freue mich auf unser ,War Requiem‘ bei den Salzburger Festspielen. Ich sehe mich auch als eine Art musikalischer Schatzgräber.“

Immer mehr entdeckt Hampson auch die zeitgenössische Musik für sich. „Da will ich viel mehr tun. Es gibt einige so gute, interessante, junge Komponisten, die es verdient hätten, aufgeführt zu werden. Vor allem im anglo-amerikanischen Raum geschieht da sehr viel.“ Warum aber lehnen doch viele Menschen zeitgenössische Oper ab? „Ich denke, das hat auch damit zu tun, dass manche Komponisten Angst vor Emotionen haben und oft die musikalische Technik über den Ausdruck stellen. Abgesehen davon, dass auch Wagner einst polarisierte und bis heute von einigen Klassik-Liebhabern abgelehnt wird.“

Hampson weiter: „Oder denken wir nur an Gustav Mahler. Wie lange hat es gedauert, bis dieser Gigant in Wien angenommen wurde? Die Mahler-Renaissance der 70er-Jahre ist in Österreich vor allem Leonard Bernstein zu verdanken.“

Vollendete Kleinode

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Dass Hampson als begnadeter Interpret der Lieder Mahlers viel zu dessen Popularität beigetragen hat, ist dennoch eine Tatsache. „Mahler wird mich hoffentlich mein ganzes Leben begleiten. Dieser Komponist ist meinem Herzen so nah. Seine Lieder sind vollendete Kleinode, an denen ich mich nicht satt hören kann.“

Welche Pläne hat der Ausnahmesänger sonst noch? Er lacht: „Ich bin jetzt in einem Alter, wo ich mir neue Partien erobern kann und werde“, so der 57-Jährige. „Ich nehme mir die Zeit, die ich für alles brauche, und ich nehme mir mehr Zeit für meine Familie. Sie ist mit Abstand das Wichtigste für mich.“

www.thomashampson.com