Thomas Bernhard: Auf dem Weg zu "Frost"
Von Peter Pisa
Jener Thomas Bernhard, der in Erinnerung bleibt (also durchaus schimpfend), hatte seine Geburtsstunde im Mai 1963 – mit „Frost“. Zwar erschien der Roman nur in einer Auflage von 2000 Stück, aber er erregte Aufsehen. Auch im oberösterreichischen Ort Weng, wo Bernhards Figur, der Maler Strauch, nur Kretins und Todgeweihte zu erkennen glaubte. Die Gemeinde hat wegen Verleumdung im Ministerium protestiert, als es dafür auch noch den Österreichischen Staatspreis für Literatur gegeben hat.
(Der Geehrte wurde damals übrigens irrtümlich als „Frau Bernhard“ bezeichnet. In der Dankesrede nannte er anschließend die Österreicher „erbärmlich“ – der Unterrichtsminister lief wütend aus dem Saal.)
Leichtlebig
Der zweite Text im Buch aber verblüfft. Er heißt „Leichtlebig“ und dürfte schon Anfang 1962 geschrieben worden sein. Er verblüfft, weil sich Thomas Bernhard damals auf seinen Weg in Richtung „Frost“ freundlich und unaufgeregt gemacht hat. Er fand sogar nette Worte für Attnang-Puchheim. Dort arbeitet der Eisenbahner namens Leichtlebig, und auf Kur geht er mit einem pensionierten Doktor (der eine „Kopfkrankheit“ hat und reden will) spazieren. Das ist nicht gerade faszinierend, aber wenn man weiß, dass es von Bernhard ist, no, dann liest man es gern.
Was zum Bruch, zur neuen, revolutionären Orientierung des Schriftstellers geführt hat, bleibt ein Rätsel.