Kultur

"The Great Wall": Schöne Augenspiele in sattem Rot, Blau und Violett

Manche Geschichten sind wahr, andere erfunden. Zhang Yimou, chinesischer Superstar-Regisseur, erzählt in seinem amerikanisch-chinesischen Fantasy-Blockbuster eindeutig eine erfundene.

Und zwar irgendwo in der Wüste Gobi des 15. Jahrhunderts: Dort treiben sich Matt Damon und seine Kumpane als bärtige Söldner auf der gierigen Suche nach Schießpulver herum. Bevor sie bis drei zählen können, geraten in die Gefangenschaft einer chinesischen Elite-Truppe, die eine Außenstelle der chinesischen Mauer verteidigt. Allerdings sind ihre Feinde nicht menschlicher, sondern tierischer Natur: Bösartige Dinosaurier-Echsen mit schlechten Zähnen attackieren in Scharen ihre Befestigungsanlage.

Bereits im Vorfeld der Dreharbeiten wurde Zhang Yimou mit der Besetzung von Matt Damon in seinem Fantasy-Spektakel politisch unkorrektes "whitewashing" vorgeworfen. Nun muss man festhalten, dass Damon als übel riechender Soldat Garin nicht gerade als glänzender Retter der Welt auftritt; trotzdem überstrahlt er die chinesischen Hauptdarsteller an seiner Seite mit links – nicht zuletzt deswegen, weil diese als ehrenhaften Kämpfer zwar ausgesprochen nobel daherkommen, gerade deswegen aber recht hölzern bleiben.

Auch die mechanische (Kampf-)Handlung verläuft eher wie Malen nach Zahlen; die Dialoge bleiben vernachlässigbar ("Vergiss, was du gesehen hast") und die tödliche Ernsthaftigkeit der Geschichte sorgt mitunter für die unterhaltsamsten Momente.

Was Zhang Yimou aber darüber hinaus aufbietet, sind seine in den schönsten Primärfarben ausgebreiteten Augenspiele. In sattem Rot, Blau und Violett verflechten sich die chinesischen Armee-Einheiten zu kunstvollen Formationen. Besonders beeindrucken jene blauen Kämpferinnen, die sich wie beim Bungee Jumping an einem Gummiseil von der chinesischen Mauer stürzen – und wenn sie Pech haben, gleich als Frischfleisch-Leckerbissen im offenen Maul der Monsterechsen verschwinden.

Zhang Yimou schwelgt in ausgeklügelten Schwertkämpfen, Bogenschieß-Duellen und Slow-Mo-Effekten. Elegant changiert er zwischen Kameraweiten und extremen Großaufnahmen, die sich allerdings vor allem bei der bärtigen Gesichtslandschaft des unrasierten Matt Damon als wenig schmeichelhaft erweisen.

So oder so, der zynische Amerikaner verwandelt sich unter dem Einfluss chinesischer Kampfmoral ebenfalls in einen edlen Kämpfer. Übrigens ganz im Gegensatz zu seinem Kollegen Willem Defoe: dieser spielt als abgemagerte Langnase in der chinesischen Festung eine unrühmliche, um nicht zu sagen, unnötige Rolle.

INFO: China/USA 2016. 103 Min. Von Zhang Yimou. Mit Matt Damon, Tian Jing, Pero Tovar.

KURIER-Wertung:

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