Kultur

Teddybär will Vater werden, raubt Samen und zieht vor Gericht

Auf einen Komödien-Hit folgt unvermeidlich die Fortsetzung. "Ted 2" war also nur eine Frage der Zeit und schließt mit seinem bekifften Bubenhumor dort an, wo der letzte Teil endete: am Traualtar. Dort gibt das sprechende Plüschtier (in Österreich mit der Synchron-Stimme des Grazer Schauspielers Stefan Puntigam) seiner Freundin das Jawort. Ein knappes Jahr später ist die Beziehung in der Krise und soll durch die Zeugung eines Kindes behoben werden. Nicht nur mangelt es Ted am nötigen Geschlechtsorgan und zwingt ihn zum (misslungenen) Samenraub an US-Sportler Tom Brady. Nach dem Versuch einer Adoption will ein US-Gericht Ted das Menschenrecht absprechen. Abgesehen von der zähen Rahmenhandlung (Gerichtssaaldrama) sorgen Mark Wahlberg und sein Plüschtier für die üblichen, nicht-jugendfreien Scherze, baden in verschüttetem Sperma und rauchen hingebungsvoll ihre Bong. Wie sagt man so schön auf Englisch? More of the same.

KURIER-Wertung:

INFO: TED 2 USA 2015. 115 Min. Von Seth MacFarlane. Mit Mark Wahlberg, Amanda Seyfried, Seth MacFarlane.

Hier finden Sie das Interview zu "Ted 2" mit Mark Wahlberg

Die Grausamkeiten in japanischen Kriegsgefangenenlagern während des Zweiten Weltkriegs hat bereits Angelina Jolie thematisiert. In "Unbroken" inszenierte sie ausführlich das Martyrium des US-Soldaten Louis Zamperini in den Händen eines sadistischen japanischen Offiziers. Über die Ereignisse, die nach dem Krieg folgten, erfuhr man nur kurz im Abspann: Zamperini suchte Versöhnung mit seinem japanischen Folterer, was dieser jedoch stur verweigerte.

Die wesentlich interessantere Geschichte – was es nämlich bedeutet, aus einem Gefangenenlager traumatisiert ins zivile Leben zurückzukehren – will Regisseur Jonathan Teplitzky erzählen; diesmal aus britischer Sicht. Ähnlich wie Jolie stützt auch er sich auf die Erinnerungen eines Betroffenen. Der britische Offizier und Kriegsgefangene Eric Lomax geriet in japanische Gefangenschaft und wurde gezwungen, für die als "Todeseisenbahn" berüchtigte Bahnlinie ThailandBurma zu schuften. Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter starben dort unter unfassbaren Bedingungen, die später als Kriegsverbrechen eingestuft wurden.

Als geschickter Ingenieur erhielt Lomax zwar einen Sonderstatus; doch nachdem man ihn beim Basteln eines Radioempfängers erwischt hatte, wurde er von den Japanern als potenzieller Verräter brutal gefoltert. In seinen Memoiren "The Railway Man" verewigte er seine Erinnerungen – inklusive der schweren psychischen Probleme, unter denen er nach Kriegsende zu leiden hatte.

Der biedere deutsche Filmtitel von "Railway Man" – "Die Liebe seines Lebens" – kündigt bereits die Schwierigkeiten an, mit dem dieses antiquierte, an der Grenze zur Langeweile erzählte Bewältigungsmelodram zu kämpfen hat. Da wäre zum einen die "Liebe seines Lebens" in Form von Nicole Kidman: Der auf sensible Rollen geeichte Colin Firth ("The King’s Speech") spielt Lomax in den 80er-Jahren und trifft auf einer Eisenbahnfahrt Krankenschwester Patti (die ätherische Kidman). Wie sich die beiden kennen lernen und ineinander verlieben, ist aufregend wie ein Glas Wasser.

Dafür geht es nach der Hochzeit richtig los. Lomax durchlebt Nacht für Nacht sein Kriegstrauma, unfähig, über sein Leid zu sprechen. Ab da übernimmt Kidman die eher undankbare Rolle der tränenumflorten Ehefrau, die ihrem Mann hilflos beim Leiden zusehen muss.

Waterboarding

In gedämpften Rückblenden wird die Vergangenheit ausgeleuchtet: Der junge Lomax (trotz eines anderen Schauspielers unschwer an der Brille zu erkennen) gerät in japanische Gefangenschaft und landet schließlich in den Händen seines Folterers. Teplitzky schreckt zwar nicht vor harschen Waterboarding-Szenen zurück, bleibt aber insgesamt im Rahmen des konventionell erzählten Kriegsfilms stecken. Außerdem verliert er durch sein Hin- und Her zwischen Gegenwart und Vergangenheit an Dringlichkeit und nimmt dadurch seinen Figuren an Tiefe.

Überraschend berührend aber, wenn sich Lomax und sein ehemaliger japanischer Feind wieder treffen: Was da zwischen den beiden Männern passiert, hätte man gerne einen ganzen Film lang gesehen.

Info: Die Liebe seines Lebens – The Railway Man. AU/GB/CH 2013. Von Jonathan Teplitzky. Mit Colin Firth, Nicole Kidman.

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Nein, man hat keinen Schnitt verpasst. Es gibt keinen Schnitt. 140 Minuten lang drehte Sebastian Schipper seinen Film "Victoria" in einer einzigen Einstellung. Ohne Unterbrechung tanzt und taumelt die Kamera wie in einem intensiven Rausch durch ein nächtliches Berlin – bis zum Sonnenaufgang.

Victoria heißt die junge Spanierin, die in Berlin als Kellnerin arbeitet. Die Kamera greift sie in einem Club auf, wo heftig getanzt wird. Irgendwann löst sich Victoria aus der Menge und rastet sich an der Bar aus. Ein Flirt mit dem Bartender misslingt, die junge Frau beschließt den Rückzug. Doch gerade als sie gehen will, trifft sie auf eine Viererbande junger Berliner, die man in Wien wohl als Strizzis bezeichnen würde. Sie nennen sich Sonne, Boxer, Blinker und Fuss – und bald haben sie Victoria in ihre Gruppe aufgenommen. Man mäandert fröhlich-ziellos durch die Stadt – und irgendwann bahnt sich auch eine kleine Liebesgeschichte zwischen der Spanierin und Sonne an. Allerdings kann es Schipper nicht beim jugendlichen Flanieren in Echtzeit belassen – was schade ist, denn es hätte völlig gereicht, um ein schönes, somnambules Manifest von junger Gegenwart zu erzählen. Doch Schipper will zeigen, was er kann, und zieht die Genre-Schraube an: Ein Krimineller stellt Geldforderungen, und das Geld liegt auf der Bank. Wer schon einmal einen gelungenen Banküberfall gesehen hat, zeige auf. Wer nicht, weiß, wie es weiter geht. Und die Ereignisse überstürzen sich, werden rasanter. Atemlos, durch die Nacht. Aber das kennen wir schon.

Info: Victoria. D 2015. 140 Min. Von Sebastian Schipper. Mit Laia Costa, Frederick Lau, Franz Rogowski.

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Zehn Jahre nach seiner globalisierungskritischen Erfolgsdoku "Mondovino", wendet sich der gelernte Sommelier Jonathan Nossiter wieder dem Weinanbau zu. In zahlreichen Interviews mit traditionellen Winzern in der Toskana erweist sich der Weinanbau als heiß umstrittener Kampfschauplatz zwischen ökologisch orientierten Weinbauern und den Vorschriften der sogenannten DOC-Vereinigung.

Doch nicht nur der traditionelle Weinanbau, sondern auch das Kino erscheint bei Nossiter als bedrohtes Kulturerbe. Immer wieder schneidet er zwischen die Gespräche mit seinen streitbaren Winzern Filmszenen. Diese reichen von Chaplin bis Bresson – und erscheinen manchmal mehr, manchmal weniger zwingend.

Info: I/F 2014. 85 Min. Von Jonathan Nossiter. Mit Stefano Bellotti, Elena Pantaleoni.

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