Kultur

Die Blutsauger erobern Paris

Paris. Théatre Mogador am Montmartre. Roman Polanski, der Interviews hasst, hat einen guten Tag. Premierentag für "Tanz der Vampire". Und ein Festtag für die Vereinigten Bühnen Wien (VBW): Das Kult-Musical, das 1997 im Raimund Theater Welturaufführung hatte, ist die erste Eigenproduktion überhaupt in Frankreich seit Beginn der Musicalexporte.

"Ich habe versucht, mich daran zu erinnern, wie ich es damals in Wien gemacht habe," sagte Regisseur Roman Polanski. Paris ist ein Heimspiel, nachdem die Abenteuer des Vampirjägers Professor Abronsius und seines Gehilfen Alfred im düsteren Reich des Grafen Krolock in bisher mehr als 6700 Vorstellungen 7,3 Millionen Besucher weltweit hatten.

"Meine Tochter war damals in Wien vier Jahre alt und drei Monate dabei bei vielen Proben. Jetzt hat sie die ,Royal Center School of Speech and Drama‘ in London absolviert und eine Rolle in der TV-Serie ,Vikings‘ bekommen. Und sie sagt, dass sie Schauspielerin werden wollte, sei auf Wien zurückzuführen", so Polanski.

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"Paris ist die Stadt, in der ich lebe. Das Publikum hier kenne ich am besten. Ich wollte ,Tanz der Vampire‘ schon lange hier machen, aber für die Produzenten war es wohl zu riskant." Tatsächlich hat die Stadt an der Seine keine Musical-Tradition. "Sogar ,Les Miserables‘ war hier kein großer Erfolg", sagt Buchautor Michael Kunze.

Gepflegte Eckzähne

Das Théatre Mogador, Baujahr 1919, mit 1600 Plätzen und Patina, das zuletzt "Beauty and the Beast" am Spielplan hatte, sei ideal für Musicals. Gespielt wird dort "Le Bal des Vampires" bis 6. Juli 2015 in den Originalkulissen von anno 1997 in den Kostümen von Sue Blane von damals. "Sie hat den Blutsaugern erst Farbe gegeben", sagt Kunze, dessen Musical "Marie Antoinette" (Musik: Sylvester Levay) am 1. 11. in Seoul Premiere hat. "In der nun völlig neuen Fassung wäre es durchaus auch für Wien tauglich."

Das Grusical der Untoten sei in Paris jetzt viel parodistischer als in Wien, müsse es sein bei dem Vampir-Hype u. a. durch die "Twilight"- Romane und -Filme. "Das wurde eine richtige Mode. Sie wollen uns die Geschichte seriös erzählen, damit wir sie glauben", wundert sich der 81-Jährige. "Ich mache mich darüber lustig. Ich konnte das nie ernst nehmen."

Geworben wird in Paris auf Plakaten mit: "700 ans et toutes ses dents!" – "700 Jahre und noch alle Zähne!"

VBW-Chef Thomas Drozda merkt an, "dass wir in Wien schon mit großem Orchester gespielt haben, was heute längst nicht mehr selbstverständlich ist."

"Tanz der Vampire" ist überhaupt "das beste Musical der VBW", heißt es beim seinerzeitigen Intendanten und "Erfinder" der Produktion Rudi Klausnitzer. Sie ist zweifellos – neben "Elisabeth" – die im Export erfolgreichste.

"Einen neuen Markt wie Frankreich zu erschließen, ist nicht selbstverständlich", so Wien-Holding-Direktor Peter Hanke. Trotzdem stellt sich die Frage: Wo sind die VBW- Eigenproduktionen von heute für den Export von morgen? "Rebecca" am Broadway ist nach dem Kriminalfall weiter ungeklärt. Und das Interesse an "Der Besuch der alten Dame" dem Vernehmen nach bisher gering ...