Kultur

Streit um Schiele-Gemälde beigelegt

Elisabeth Leopold war sichtlich gelöst. "Wir haben auf diesen Tag 13 Jahre gewartet", sagte die Witwe des 2010 gestorbenen Sammlers Rudolf Leopold, als sie gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern der Leopold-Stiftung und dem Anwalt Alfred Noll eine Vergleichslösung im verzwicktesten Raubkunst-Fall der letzten Jahre präsentierte. "Häuser am Meer", ein 1914 entstandenes Hauptwerk Egon Schieles aus dem einstigen Besitz der Sammlerin Jenny Steiner, bleibt demnach im Museum.

Einer fehlte am Podium: Martin Maxl, der im Auftrag der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) die Erben der beiden Steiner-Töchter Daisy Hellmann und Klara Mertens vertrat, wollte nicht in die Kameras lächeln. Letztlich hatten aber auch seine Mandanten einem Vergleich zugestimmt. Als Mertens’ und Hellmanns Rechtsnachfolger firmieren mehrere Einzelpersonen sowie Stiftungen.
Die Summe, die das Museum zu zahlen hat, wurde nicht genannt, doch klar ist: Es ist ein hoher Millionenbetrag, den man nicht flüssig hat. Wie schon im 2010 erzielten Vergleich zum "Bildnis Wally" müssen eines oder mehrere Werke aus dem Museum veräußert werden, um die Kosten zu decken. Für den 19 Mio. US-Dollar (rund 14,8 Mio. €) teuren "Wally"-Vergleich wurde 2011 das Schiele-Bild "Häuser mit bunter Wäsche" um 27,63 Mio. € versteigert – der Restbetrag aus diesem Verkauf reicht für den nun erzielten Vergleich nicht.

Leopold Museum muss wieder Kunstwerke verkaufen

Dass "Häuser am Meer" ein von den Nazis geraubtes Werk war, steht seit Langem fest – Rudolf Leopold selbst hatte in seinem Schiele-Werkkatalog 1972 Jenny Steiner als Vorbesitzerin genannt, sagte aber, er habe erst 1998 von deren Verfolgung erfahren.
Die IKG und auch Anwalt Alfred Noll, der Steiners in Wien lebende Enkelin vertritt, pochten auf Rückgabe. Auch die sogenannte Michalek-Kommission bestätigte 2010, dass das Bild nach Maßgabe des Kunstrückgabegesetzes zurückzugeben sei. Doch die Leopold-Stiftung unterliegt diesem Gesetz nicht.

Im Frühjahr 2011 willigte die hoch betagte Enkelin Steiners in einen Vergleich ein: Sie erhielt fünf Millionen US-Dollar für ihren Drittel-Anteil am Werk.
Vereinbart wurde damals auch, dass "alle Erbengruppen gleich behandelt werden". Im Fall einer höheren Zahlung an die verbliebenen zwei Erbengruppen würde also auch die Enkelin noch Geld bekommen. Die Stiftungsvorstände und Anwalt Noll schwiegen dazu beredt.
Als letzter Stolperstein kam zuletzt noch eine Erklärung ins Spiel, in der die Beteiligten die Einigung als "fair und gerecht" bezeichnen sollten. Die Erben verweigerten die Unterschrift. Nun fehlt die Erklärung, statt dessen steht im Vertrag, dass "alle rechtlichen, wirtschaftlichen und ethisch-moralischen Ansprüche" (...) "endgültig und zur Gänze abgegolten, bereinigt und erfüllt sind".
Das Leopold Museum hat somit Rechtssicherheit – und kann seine Depots nach verkaufbaren Werken durchforsten.

Am Meer: Ein Werk und eine Geschichte

Die Sammlerin: Jenny Steiner (1863–1958), geborene Pulitzer, war Seidenfabrikantin und Kunstmäzenin. Nach dem "Anschluss" 1938 flüchtete sie via Paris in die USA. Ihre Wohnung und Kunstsammlung wurden von den Nazis beschlagnahmt.

Das Bild: "Häuser am Meer" (1914) wurde 1941 im Dorotheum versteigert. Rudolf Leopold erwarb es vom Sohn der Käuferin im Jahr 1955.