Staatsoper: Gelassenheit bei Don Carlos
Von Georg Leyrer
Holender raus, Konwitschny raus!" Es war wüst, erzählen die Veteranen, damals vor sieben Jahren, als Peter Konwitschnys umstrittene "Don Carlos"-Inszenierung an der Wiener Staatsoper für Schreiduelle im Publikum sorgte. Von der Wiederaufnahme-Premiere am Dienstagabend sind derartige Opernschlachtgeschichten leider nicht zu berichten. Zwar wiesen fast schon brav-dienstbeflissene Buhrufer Konwitschny am Schluss zurecht, ein paar Begeisterte hielten dagegen. Aber keine Spur von jenem speziellen, wüsten Kultur-Erregungsgrad, den es nur in der Oper gibt.
Großteils herrschte Gelassenheit beim Verdi-Aufreger von einst. So etwa gab es gediegenes Kichern bei der "Ballettszene", die Ebolis Traum als blümchentapezierte Spießerhölle auf die Bühne bringt.
Empörung ist Verwirrung gewichen
Freudige Erwartung wiederum war vor der Autodafé-Szene zu verspüren, dem einstigen Brennpunkt der Aufregung. Konwitschny lässt zwar immer noch Gefangene durch das ganze Haus am Ring peitschen und, größere Sünde, das Orchester aufspielen, bevor das Publikum zurück auf den Plätzen ist.
Das sorgt für Verwirrung (auch am Buffet, denn gleich nach der Ketzerverbrennung drängt man sich wieder um die Theken), aber längst nicht mehr für Empörung. Vor und nach diesen Schlüsselszenen gibt’s eine teils sehr gewiefte, aber keineswegs überaufregende Inszenierung: Konwitschny light, der die fünfsätzige französische "Don Carlos"-Version sehr ruhig und gescheit erklärt.
Ein zentraler Grund für den geringeren Aufgeregtheitsgrad am Dienstagabend werden wohl auch die Sänger gewesen sein: Hier hätte sich die Staatsoper mehr strecken müssen. Yonghoon Lee in der Titelrolle und Alexandru Moisiuc (Großinquisitor) gaben unauffällige Staatsopern-Rollendebüts, auch Kwangchul Youn (Philippe II.) war schon eindringlicher zu hören.
Mehr, aber auch keine gänzlich uneingeschränkte Freude machte da Ludovic Tézier (Rodrigue); so stachen letztlich Adrianne Pieczonka als Elisabeth und Béatrice Uria-Monzon als Eboli deutlich heraus.
Die musikalische Umsetzung ließ hingegen kaum Wünsche offen: Dirigent Bertrand de Billy war mit sichtlicher Hingabe dabei, das Orchester zeigte sich aufmerksam und klangschön.
KURIER-Wertung: **** von *****