Spider-Man-Erfinder: Marvel-Legende Stan Lee gestorben
Von Georg Leyrer
Stan Lee, der für Marvel Comics Figuren wie Spider Man, Thor, die X-Men und die Fantastischen Vier erschuf ist tot. Er starb 95-jährig, berichten US-Medien.
Als Stan Lee erste Gehversuche als Comicautor machte, war die Superhelden-Welt überschaubar. Es gab den übermenschlichen Superman, den brennenden Human Torch, den durch die Nacht huschenden Batman, Green Lantern und die blitzschnellen Flash-Helden. Heute verdanken Comicfans Lee weitere Stars wie Hulk, Thor, die X-Men und die wohl bekannteste Marvel-Figur: Spider-Man.
„Das Wichtigste in diesen Tagen war das Cover“, erinnerte sich Lee 2009 im Interview mit dem Magazin „Inc.“ an den täglichen Wettkampf am Zeitungskiosk. „Man musste hoffen, dass das Cover jemanden vom Kauf des (Comic-)Buchs überzeugen würde.“ Seine ersten Lückenfüller-Texte in Ausgabe 3 des „Captain America“-Comics im Jahr 1941 gelten als Beginn seiner Karriere voller „POW!“ und „BANG!“, in der er rund 350 Charaktere schuf oder mit entwickelte.
Konkurrenz zu Superman
Einfach hatten es seine aus Rumänien eingewanderten Eltern nicht. Die Weltwirtschaftskrise griff um sich, und auch wegen der häufigen Arbeitslosigkeit des Vaters nahm der in New York als Stanley Martin Lieber geborene Teenager schon zu Schulzeiten erste Jobs an. Mit 17 Jahren zog er den Job beim Verlag Timely Publications an Land, der später Marvel heißen würde, und schrieb unter dem Künstlernamen Stan Lee erste Abenteuer. Die anderen zwei Mitarbeiter überwarfen sich mit dem Verleger, und so schmiss der Nachwuchsautor aus der Bronx den Laden kurzerhand allein
Für Marvel-Mitarbeiter wurden die Stunden am Zeichentisch vor allem zum Wettlauf mit dem Rivalen DC Comics. Um es mit dessen „Justice League“ aufzunehmen, in der neben Superman und Batman auch Wonder Woman, Flash und Green Lantern auftauchten, entwickelte Lee zusammen mit Zeichner Jack Kirby 1961 die „Fantastic Four“. „Ich versuchte, die Charaktere anders dahingehend zu schaffen, dass sie echte Gefühle und Probleme hatten. Und es kam an“, sagte Lee. Die menschliche Seite der Helden wurde zum Markenzeichen in Lees Figuren-Familie.
Helden mit Fehlern
Auch Superhelden sind nicht fehlerfrei, wie man in Lees Geschichten und Filmen um Daredevil (blind), Hulk (unkontrollierte Wutausbrüche) und die X-Men bis heute sieht. Auch den Streber Peter Parker, der als Spider-Man die Wände von Hochhäusern erklimmt, wollte Lee als „durchschnittlichen, schludrigen Jungen“ erscheinen lassen. Während dieser Jedermann seine Miete nicht zahlen kann oder in der Schule als Außenseiter gilt, lebt Batman privat etwa als Bruce Wayne das Leben eines Millionärs. Auch Superman kommt wie ein allmächtiger Adonis daher, der mit dem gewöhnlichen Comicfan wenig gemein hat - bei Lee war es anders.
Zuletzt war Lee selbst eine Art Superhelden-Superheld, der das goldene Zeitalter bei Marvel geprägt hat wie kein Zweiter und dessen Weg zum Multimedia-Konzern mit bereitete. Gut verdient hat er daran allerdings nicht. „Ich war geschäftlich gesehen dumm. Ich hätte gieriger sein sollen“, gestand er dem „Hollywood Reporter“ im vergangenen Jahr. Die finanzielle Achterbahnfahrt des Verlags machte er mit, ohne sich in entscheidenden Momenten kräftig auszahlen zu lassen. Den kurzzeitigen Posten als Marvel-Präsident gab er bald wieder ab, um sich kreativeren Dingen zu widmen.
Film-Adaptionen, Mangas, eine TV-Serie für Erwachsene namens „Stripperella“ um eine Striptease-Tänzerin, Projekte für Virgin Comics und sogar für DC: Lee machte Ausflüge abseits von Marvel, blieb aber stets dessen Galionsfigur. Das hält den Kreativkopf mit grauem Schnurrbart und Aviator-Sonnenbrille heute nicht davon ab, sich selbst zu vermarkten - als furchtloser Comic-Superheld, der dem Betrachter aus dem Bild lachend entgegenspringt.