Kultur

Sisi, Liebling des modernen China

Asien am Abend. So viele Handy-Knipser in Musical-Vorstellungen wie in "Elisabeth" hat die Welt noch nicht gesehen. Und die Wächter im Saal leuchten mit rotem Laser-Pointer in den Saal zurück. Erwischt!

Eine Szene in Schanghai. Faszinierende Boomtown am Jangtse. Chinas größte Metropole. Mit mehr als doppelt so vielen Einwohnern wie Österreich. Mehr als 16 Millionen. Auch sonst eine Stadt der Superlative mit Science-Fiction-Silhouette am Gelben Meer.

So gehört zum 2011 eröffneten Shanghai Culture Square (SCS) – in den 1920er-Jahren ein Stadion für Hunderennen, später eine Börse und schließlich der größte Blumenmarkt der Stadt – neben einer Freilichtbühne, die mit knapp 2000 Sitzplätzen größte unterirdische Music Hall der Welt.

China ist anders

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Hier gastiert nach der Premiere am Freitag einen Monat lang das Musical "Elisabeth" von Michael Kunze (Text) und Sylvester Levay (Musik) u. a. mit Roberta Valentini in der Titelrolle und Mark Seibert (Tod). Die erste Produktion der Vereinigten Bühnen Wien (VBW) in China soll die Basis für weitere Kooperationen sein.

Denn Musicals aus dem Westen sind sehr gefragt im Reich der Mitte. Nur die hohen Ticketpreise (umgerechnet 10 bis 155 €) – durchschnittlich 75 € – dämpfen den Publikumszulauf. "Viele junge Chinesen lieben Musicals, haben aber oft nicht das Geld für einen Theaterbesuch. Und ältere Semester, die ihn sich leisten könnten, interessieren sich eher für Oper, aber kaum für Musicals", beschreibt Richard Fei, der künstlerische Direktor des SCS, sein Dilemma.

Er vollführt einen Balance-Akt: Eine Hürde ist die Zensur. "Ist eine Show zu konservativ, will sie niemand sehen", so Fei. "Kommt hingegen zu viel Sex oder Gewalt, Religion oder Politik vor, kann es sein, dass sie die Regierung nicht zulässt." Aber das Kulturprogramm in China ist sehr ambitioniert.

In Peking hat der Musical-Promotor United Asia Entertainment (UAE) bereits angekündigt: "Hier bauen wir den Broadway!" Da sollen acht oder neun Theater entstehen, erzählt Thomas Drozda, dessen VBW-Geschäftsführervertrag bis 2018 läuft und dann "routinemäßig neu ausgeschrieben wird".

Auch die Intendanten-Jobs im Ronacher und Raimund Theater (derzeit Christian Struppeck bis 2017) und im Theater an der Wien (Roland Geyer bis 2018) will er "im Frühjahr diskutieren".

"The Phantom of the Opera", "Mamma Mia!", "Cats", "Les Miserables" u. a. waren in Schanghai bereits zu sehen. "Elisabeth" hatte seit der Welturaufführung 1992 in Wien, damals von Kritikern als "Kaiserschmarren" und mit "Munter geht die Sisi unter" verrissen, hatte in bisher 7608 Shows 9,8 Millionen Besucher weltweit.

Impressionen des Musicals

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Sisi bald in Mandarin?

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"Mit China haben wir vier Jahre lang verhandelt", sagt Drozda im KURIER-Gespräch. Und was bringt das Gastspiel? Drozda: "Einen sechsstelligen Betrag." Jetzt werde über eine Lizenz-Produktion des weltweit erfolgreichsten deutschsprachigen Musicals in Mandarin für 2016 verhandelt, die u. a. in Schanghai, Peking, Guangzhou laufen könnte. Geplant ist auch eine tourfähige Version von "Mozart!" für Japan, Korea und China 2015/’16.

"Man muss lernen, wie das mit der Hierarchie in China ist", sagt die Produzentin Andrea Friedrichs von den größten Schwierigkeiten in 28 Berufsjahren vor Ort. "Es sind immer noch drei Ebenen mehr als man denkt." Mühsam die Organisation von 140 Flügen für Darsteller, VBW-Orchester und Techniker. Und die Journalisten aus Deutschland, wo "Elisabeth" ab 25. 2. und in Linz ab Juli 2015 zu sehen ist, bekamen erst gar kein Visum für China.