Shakespeare 18 Zentimeter unter Wasser gesetzt

Nach Stephan Kimmigs einhellig verrissener Bearbeitung von Goethes "Clavigo" im Landestheater geht heute, Samstag, die zweite Schauspielpremiere der Salzburger Festspiele über die Bühne. Auf der Perner-Insel in Hallein wird Shakespeares frühes Stück "Komödie der Irrungen" gegeben.

Das Stück beginnt mit einem Schiffbruch und bezieht seinen Treibstoff aus den Verwechslungen von getrennten Zwillingen (beide Motive greift Shakespeare zehn Jahre später in "Was ihr wollt" wieder auf).

Um den Schiffbruch als Bild zu verdeutlichen, setzten Regisseur Henry Mason und Bühnenbildnerin Michaela Mandel die gesamte Bühne 18 Zentimeter tief unter Wasser, 80.000 Liter sind dafür nötig. Innerhalb der Wassermassen gibt es aber eine trockene Fläche. Ein schönes Bild: Auf der (Perner) Insel steht eine Bühne, auf der finden sich wieder Wasser und eine Insel. Das Publikum müsse aber keine Angst haben, erklärt Mason. "Höchstens die erste Reihe ..."

Kreuzworträtsel

Der oft geäußerten Kritik, das Stück sei innerhalb des Shakespeare-Kosmos nur ein wenig bedeutendes Frühwerk, widerspricht Mason: "Ich finde, es ist ein erstes kleines Meisterwerk." Mason selbst hat den Text neu übersetzt – und zwar, dem Original folgend, in Reimen. Um auch im Deutschen Reime zu erhalten, erklärt der Regisseur, muss man sich weiter vom Vorbild entfernen. Er vergleicht die Arbeit mit "Kreuzworträtsel-Lösen".

Der Spaß an dem Stück liege darin, dass das Publikum immer mehr wisse als die Figuren auf der Bühne, sagt der Dramaturg David Tushingham. Durch ständige Verwechslungen mit gleich zwei Zwillingspaaren beginnt in einer Stadt die Realität aus den Fugen zu geraten: Bald hält jeder jeden anderen für verrückt.

Die Handlung wurde ins 20. Jahrhundert verlegt. Mason: "Ich wollte eine Zeit finden, in der mafiöse Strukturen herrschen, die letztmögliche Zeit, in der die Mafia von sich behauptet hat, ‚Gentlemen‘ zu sein." Eine dreiköpfige Live-Band kommentiert das Geschehen musikalisch. Thomas Wodianka und Florian Teichtmeister spielen in Doppelrollen die jeweiligen Zwillingsbrüder.

Henry Mason gilt als Experte für Shakespeare (und für Jugendtheater). Seine Umsetzung des "Sommernachtstraum" 2013 im Salzburger Residenzhof wurde viel beachtet (und kritisiert).