Kultur

Saalfelden: Klanggewitter und Heimweh

Gut is’ ’gangen, nix is g’schehn. Sogar für ein verloren gegangenes Saxofon fand sich Ersatz. Und die Ausbeute beim 36. Jazzfestival Saalfelden? Sie kann sich nach einem eher schwachen Beginn und mitunter allzu beliebigem Freejazz-Rabatz doch sehen lassen. Wie ein Weckruf um Mitternacht agierten Samstag das ungarische Noise-Trio JÜ und der Saxofonist Kjetil Moster. Die entfesselte Gitarre von Adam Meszaros hallte in die Vollmondnacht.

Aus alt wird neu

Das Quartett Mostly Other People Do The Killing betrachtet die Jazzgeschichte als ihre Spielwiese. Dabei klingt Bekanntes wie nie zuvor: Die 2003 von Kontrabassist Matthew Thomas "Moppa" Elliott, Jahrgang 1978, gegründete Truppe New Yorker Jazz-Guerrilleros dreht Musik von Count Basie bis Weather Report mit trashiger Energie durch den Fleischwolf.

Anarcho-Witz

Humor gewinnt gegen Bierernst: Wenn "Little Waltz For My Baby" mit Spielzeugpiano zelebriert wird und – "Against The Wind" – die skurrile Klangwelt des 2001 verstorbenen Vibraphonisten Werner Pirchner.

Der Posaunist und Pianist Christian Muthspiel und sein Trio nehmen sich in einer Hommage am Schnittpunkt aus "Heimweh und Weh an der Heimat" dieser zwischen allen Stühlen und Stilen changierenden Kleinode wie dem verspielten "Homesick" an.

Ohrenspülung

Den vermutlich höchsten Dezibel-Wert, der die Ohren zum Schlackern bringt, erreicht das 18-köpfige, skandinavische Fire! Orchestra um den schwedischen Saxofonisten und Keyboarder Mats Gustafsson mit High-Energy-Jazz, unterfüttert mit Postrock- und Funk-Elementen: "Ritual" ist ein brachiales Klanggewitter und zugleich eine enorm feingliedrig strukturierte Performance.

Nah am Überschall zum Finale ist auch James "Blood" Ulmer: "Jazz is the teacher and Funk is the preacher" hat der Gitarrist aus South Carolina schon auf dem Album "Are you glad to be in America?" (1980) gesungen. Bei ihm gibt’s nur Ecken und Kanten statt Plüsch und Zuckerguss, dröhnende Gitarren und Soli satt. Mit dem für ihn so typischen, schroffen Sound verbindet er erdigen Blues mit Funk und Black-Rock.

Geplant ist jetzt auch eine neue Winterausgabe: "3 Tage Jazz" (22. bis 24. 1. 2016) mit sieben Konzerten. "Wir starten klein und schauen dann, was daraus wird", so Intendant Mario Steidl. Das Line-up soll Ende Oktober stehen.