Kultur

Ruzowitzky: Von Wien nach Hollywood

Stefan Ruzowitzky ist der einzige österreichische Regisseur, der jemals einen Auslands-Oscar gewonnen hat: für sein Holocaust-Drama „Die Fälscher“ von 2008. Vier Jahre später meldet er sich mit „Cold Blood“ (Kinostart: 23. November) zurück: einem amerikanischen Thriller, in dem sich ein kriminelles Geschwisterpaar auf der Flucht befindet.

KURIER: Herr Ruzowitzky, Ihr neuer Film „Cold Blood“ ist ein amerikanischer Film mit großen US-Stars. Sind Sie im Herzen Hollywoods angekommen?

Stefan Ruzowitzky: Ja, das war die Idee. Ich wollte einen durch und durch amerikanischen Film machen, einen, von dem man nicht merkt, dass er von einem Nicht-Amerikaner, von einem Österreicher stammt.

Warum eigentlich? Wäre es nicht interessanter gewesen, einen amerikanischen Film zu machen, der unverkennbar von einem Österreicher stammt?
Ich glaub’ schon, dass ich an gewissen Details anders als ein Amerikaner herangegangen bin, weil ich natürlich eine Außenperspektive habe. Aber mein Konzept war: Ich bin der einzige Nicht-Amerikaner am Set. Ich wollte, dass es ein authentisch amerikanischer Film wird.

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Apropos authentisch amerikanisch: Alle Ihre Figuren sind auf die (kaputte) Familie fixiert ...
Ich fand das immer interessant, dieses obsessive, idealisierte Verhältnis der Amerikaner zur Familie:
Die Familie muss perfekt sein. Deswegen sind alle immer frustriert, weil die eigene Familie natürlich nie perfekt ist. Das fand ich an diesem Drehbuch witzig und speziell – was Familie sein kann oder sein soll.

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Kris Kristofferson möchte eigentlich nur in Ruhe Thanksgiving feiern und hat plötzlich einen Mörder am Tisch sitzen, der seine ganze Familie bedroht.

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Ein Teil des Films spielt im dichten Schneetreiben. Schwierig?
Das künstliche Schneetreiben war fürchterlich, weil es mit biologisch abbaubaren Stoffen auf Hefebasis hergestellt wurde. Wenn sich die weißen Hefeflocken mit Feuchtigkeit mischen, entsteht eine klebrige Masse. Das ganze Set sah aus wie in „Asterix bei den Schweizern“, wo überall der Käse klebt. Alles nicht sehr angenehm.

Ihr Film ist eine Mischung aus Western, Thriller, Noir. Hommage ans Hollywood-Kino?
Ja, wobei mir bewusst war, dass das der klassische Anfängerfehler ist, wenn man seinen ersten (amerikanischen) Film macht: Man glaubt, man muss beweisen, dass man’s genauso machen kann, wie es immer schon gemacht wurde. Das interessiert das Publikum aber nicht, das will etwas Neues. Mein Anspruch war: aus dem US-Unterhaltungskino heraus neue Akzente zu setzen.

Weil Sie von „beweisen“ sprechen: Was wollten Sie in Hollywood beweisen?
Ich wollte beweisen, dass ich mich nicht nur in den relativ gut wattierten europäischen Fördersystemen bewähren kann, sondern auch auf freier Wildbahn –
wo es in vieler Hinsicht um vieles härter zugeht. Da werden ganz harte Rechnungen von Angebot und Nachfrage gemacht: Wer was zahlt, wer auf den Schulden sitzen bleibt.

Bewährung in freier Wildbahn

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Sie sagen „gut wattierte Fördersysteme“: Dabei gibt es gerade in Österreich immer wieder den Ruf nach mehr Filmförderung.
Es ist ja auch zu wenig Geld für den Film da, auch in Relation zu anderen Kunstformen. Film ist die relevante Kunstform unserer Zeit. Und da muss man viel investieren, gerade wenn es eine Generation von international erfolgreichen Leuten gibt. Aber es ist auch schön, wenn einem das Fördersystem geholfen hat, einen Schritt nach draußen zu wagen.

Es war also ein harter Schritt nach Hollywood?
Ja, das war mir klar und das hat sich auch bewiesen – vielleicht sogar mehr als ich erwartet hatte (lacht). Dort muss man natürlich wieder weiter unten anfangen. Hier bin ich der einzige österreichische Regisseur, der je diesen Oscar gewonnen hat, aber drüben nicht. Da darf man in der Oberliga mitspielen, aber man ist einer von vielen, das muss einem bewusst sein. Die Alternative wäre gewesen, ich bleibe hier und suhle mich in meinem lokalen Ruhm. Aber das hat mich nicht so interessiert.

Das heißt, Sie bleiben wo Sie sind – in Hollywood?
Ich bleibe, wo ich bin: mit einem Bein hier und mit einem drüben. Im Arthaus- und im Unterhaltungskino – das wäre der größte Luxus.

Neuer Film. Für „Cold Blood“, einen dichten Psychothriller im Hollywoodstil, konnte der in Wien geborene Regisseur Stefan Ruzowitzky („Die Fälscher“, „Hexe Lilli“) US-Stars wie Eric Bana („München“) und Olivia Wilde gewinnen, ebenso wie Kris Kristofferson und Sissy Spacek (unvergesslich als „Carrie“) – ein gutes Ensemble. Bana und Wilde spielen ein Geschwisterpaar, das sich nach einem Raub auf der Flucht befindet und durch Schneeblizzards in Michigan kämpft. Unterwegs trennen sie sich und treffen zum Finale wieder bei einer Familie zusammen, die gerade Thanksgiving feiern will.

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