Romy forever! - Der lange Nachruhm der Romy Schneider
Von Georg Markus
Verzeihen Sie, wenn ich das so simpel sage, aber das hätte alles sehr viel besser laufen können mit meinem Le ben“, erklärte Romy Schneider in einem ihrer letzten Interviews. Hier die Weltkarriere, die bewunderte Schauspielerin. Dort die Scherben privaten Leids.
Die Wurzeln all dessen liegen in ihrer Kindheit. Die Eltern Wolf Albach-Retty und Magda Schneider zählten, als Romy am 23. September 1938 im Wiener Rudolfinerhaus zur Welt kam, zu den Traumpaaren des deutschen Kinos. Da ihnen der Beruf über alles ging, wurde Romy schon vier Monate nach der Ge burt zu den Großeltern und dann in eine Salzburger Klosterschule abgeschoben. Die Eltern bekam sie fast nie zu Gesicht. Als sie sieben war, ließen sie sich scheiden.
Mutters Egoismus
„Wenn es nach mir ginge, würde ich sofort Schauspielerin werden“, vertraut die 13-Jährige ihrem Tagebuch an und träumt von einer Filmkarriere. Hat Magda Schneider sich kaum um ihre Tochter gekümmert, solange sie ins Internat ging, ist sie ganz für sie da, als absehbar wird, dass Ro my Karriere machen könnte. Es zeigt sich nämlich, dass der Aufstieg der Tochter auch für den Berufsweg der Mutter – deren große Zeit jetzt schon vorbei war – förderlich ist. Tatsächlich wird Magda Schneider später oft an Romys Seite „mit engagiert“.
„Es geht los, ich filme!“, no tiert Romy am 6. September 1953, als die Dreharbeiten ihres ersten Films „Wenn der weiße Flieder blüht“ beginnen. Regisseur und Kollegen erkennen so fort, dass das Mädchen außergewöhnlich begabt ist. Der Teenager wird zum Star, ohne die Chance zu bekommen, erwachsen zu werden. Mama tut alles, um Romys Karriere anzukurbeln. Vorsprechen, Illustrierten-Fotos, Termine mit Produzenten. Für den 9. Juni 1954 ist ein Treffen mit Ernst Marischka organisiert, das Romys Leben verändern sollte: Der Regisseur engagiert sie für die Rolle der Queen Victoria in „Mädchenjahre einer Königin“.
Romy ist Sissi
Nach einer Königin muss eine Kaiserin her, und Marischka weiß, dass es nur eine gibt, die infrage kommt. Sissis Leben wird verfilmt. Und Romy ist Sissi!
Geschickt nützt Marischka die Sehnsucht der Österreicher, nach Krieg und Nazizeit die Schattenseiten der Geschichte vergessen zu wollen und dreht ein verklärtes Epos über die Kaiserin, ohne die Katastrophen ihres Lebens – von Mayerling bis zu ihrer Ermordung – zu erwähnen.
Nie zuvor wurde eine Schauspielerin dermaßen mit einer Ki nofigur identifiziert wie Romy mit der Monarchin. Die drei Sissi-Filme werden internationale Kassenschlager im Kino der 1950er-Jahre. Doch Romy erkennt mit ihren 18 Jahren, dass der Ruhm teuer erkauft ist: „Sissi hing wie ein Klotz am Bein. Sissi lächelte selig, wenn ich Lust hat te zu wei nen und zu leiden. Überall zeigte man mit dem Finger auf mich: ,Schau, Sis si!‘ Mir hing diese Per son zum Halse raus.“
Irgendwann stellt die junge Schauspielerin fest: „Ich war nicht mehr Romy, nur noch Sissi.“ Und ihr ist klar, dass sich das än dern muss. Doch ihr Stiefva ter lässt es nicht zu: Hans-Herbert Blatzheim, der zweite Mann ihrer Mutter, hat Romys Vermarktung übernommen und hetzt sie von Film zu Film. Romy wird spä ter aussagen, dass er ihre Ga gen veruntreut und sie sexuell belästigt hätte.
Dennoch folgt parallel zum beruflichen Aufstieg der persönliche Reifeprozess. Romy lernt 1958 bei den Dreharbeiten zur französisch-italienischen Version von Schnitzlers „Liebelei“ Alain Delon kennen. Es ist die gro ße Liebe, eine Liebe freilich, die zum Scheitern verurteilt ist. Zü gellose Leidenschaft geht Hand in Hand mit Streitexzessen und krankhafter Eifersucht. Alain Delon nützt jede Gelegenheit, sie zu demütigen.
Romy schlittert auch in eine berufliche Krise, erhält aber eine Chance von Luchino Visconti, der Alain Delon und Romy 1961 an das Théatre de Paris für „Schade, dass sie eine Dirne ist“, engagiert. Zehn Jahre später lässt sie sich von Visconti überreden, in „Ludwig II“ noch einmal die Kaiserin Elisabeth zu spielen.
Hollywood
Zwischen den beiden Projekten hat sich Romy Schneiders Leben total verändert. Sie hat in Holly wood mit Peter O’Toole, Peter Sellers, Jack Lemmon und unter Re gisseuren wie Orson Welles und Otto Preminger gedreht.
Privat sucht Romy, als sie nach sechsjähriger Beziehung von Delon verlassen wird, einen Kontrast zu ihrem bisherigen, „verrückten Leben“. Der Kontrast heißt Harry Meyen. Ihr gefällt, dass der Schauspieler und Regisseur kein Star ist und sie in eine, im Vergleich zu Alain Delon, geradezu bürgerliche Welt führt.
Fünf Monate nach der Hochzeit kommt Sohn David Christopher zur Welt. Romy gibt ihrem Mann zuliebe das Filmen auf. Doch das Leben als Hausfrau ist ihr bald langweilig. Und Meyen erträgt die Prominenz seiner Frau nicht. Er betrinkt sich, Romy kehrt nach zwei Jahren zurück nach Pa ris, dreht wieder: „Der Swimmingpool“ mit Ex-Lover Alain De lon. Sie wird Frankreichs Filmstar Nr. 1, die Ehe mit Harry Meyen zerbricht. 1975 lässt sie sich scheiden, vier Jahre später begeht er Selbstmord.
Die Ehe mit Daniel Biasini
Romy Schneider stürzt sich von einem Abenteuer ins andere, heiratet ihren um zehn Jahre jünge ren Sekretär Daniel Biasi ni. 1977 kommt Tochter Sarah zur Welt, doch bald scheitert auch diese Ehe und Romy zahlt, wie schon bei Harry Meyen, eine Millionenabfindung.
Der 5. Juli 1981 ist der düsterste Tag ihres Lebens. 26 Jahre nach Beginn der Dreharbeiten zu „Sissi“ wird Romy Schneider vom Schicksal der Kaiserin Elisabeth eingeholt. Auch sie verliert ihren Sohn. Der 14-jährige Da vid klettert über das Gitter des Hauses der Großeltern Biasi ni in Paris. Er rutscht ab, stürzt in die schmiedeeisernen Spieße, erliegt im Spital seinen Verletzungen. Romy Schneider verliert, wie sie sagt, „den einzigen Mann, den ich immer geliebt habe“.
Für sie ist das Leben vorbei. Sie stirbt elf Monate nach David am 29. Mai 1982 im Alter von 43 Jahren an den Folgen einer fa talen Mischung aus Alkohol und Tabletten.
Heute, knapp 36 Jahre nach ihrem Tod, ist sie eine Ikone, auf einer Stufe stehend mit Greta Gar bo, Marilyn Monroe, Grace Kelly. Der Nachruhm wird we sentlich län ger andauern als ihr Le ben. Romy forever! georg.markus