"King Arthur" im Theater an der Wien: Auch die Verpackung zählt
Optisch überwältigend, musikalisch eher nebensächlich – auf diesen Nenner lässt sich die Neuproduktion von Henry Purcells einst populärem Bühnenwerk „King Arthur“ im Theater an der Wien bringen. Denn zu sehen gibt es bei dieser Koproduktion mit der Berliner Staatsoper – die dortige Premiere fand 2017 statt – viel.
Und das liegt vor allem am Regie-Duo Sven-Eric Bechtolf und Julian Crouch (er ist auch für das großartige Bühnenbild zuständig), die bei dieser wilden Mixtur (Libretto: John Dryden) aus Schauspiel, Musik, Gesang, Tanz mit allem auffahren, was das Theater so hergibt.
Bruchpilot
Denn Bechtolf und Crouch haben der kruden Geschichte rund um König Arthur, der gegen die bösen Sachsen und um die Liebe der (vorerst) blinden Emmeline kämpft, eine kluge Rahmenhandlung verordnet. Und so befinden wir uns im England des Zweiten Weltkriegs, Pilot Arthur wird abgeschossen, bei den Trauerfeierlichkeiten liest der Großvater (ein Veteran) dem Enkel die legendäre Arthur-Sage vor.
Durch diesen Kunstgriff gelingt es dem Regie-Duo, rasant die Erzählebenen zu variieren, lassen sich Zeitsprünge, Geistererscheinungen sowie jede Zauberei plausibel erklären. Crouch und Bechtolf (toll die Kostüme von Kevin Pollard) changieren dabei virtuos zwischen Tragik und Komik. Von der Commedia dell'Arte über Monty Python bis hin zu #MeToo und deutscher Stand-up-Comedy (exzellent etwa Oliver Stokowski als fieser Zauberer Osmond) ist alles drin. Optisch gibt es vom Flugzeugwrack über riesige Puppen, putzige Wäldchen bis zu Video-Projektionen alles – man sieht, staunt und ist ein wenig übersättigt.
Egal, das funktioniert trotz einiger Längen gut. Die Darsteller (allen voran Michael Rotschopf als tapsig-melancholischer Arthur, Max Urlacher als Sachse Oswald sowie Meike Droste als starke Emmeline) agieren eindrucksvoll.
Gleiches gilt für den gewohnt hinreißenden Arnold Schoenberg Chor und den Großteil der Sänger. Martina Janková, Robin Johannsen (beide Sopran) führen das Ensemble an; Rodrigo Sosa Dal Pozzo (Altus), Mark Milhofer und Johannes Bamberger (beide Tenor) sowie die Bässe Jonathan Lemalu und Dumitru Madarašan meistern ihre Arien sehr gut bis anständig.
Handbremse
Womit wir endgültig bei der Musik wären, die auch beim (kurzzeitig beliebten) Format der Semi-Opera ja nicht ganz unwichtig ist. Hier aber bleibt sie etwas auf der Strecke. Das liegt einerseits an der überbordenden Optik und den tollen Mimen, andererseits an Dirigent Stefan Gottfried und dem Ensemble Concentus Musicus. Gottfried schraubt Purcells Musik auf eine reine Begleitfunktion zurück, lässt den Concentus ausgewogen, aber auch sehr zahm und mit angezogener Handbremse musizieren. Da ginge mehr. Jubel!