Kultur

Keine Freiheit ohne die Wahrheit

Es war nie sein Ding, diese Retro-Tourneen. Aber als Peter Gabriel vor ein paar Jahren Brian Wilson bei einem Konzert sah, bei dem der Mastermind der Beach Boys das legendäre "Pet Sounds"-Album zur Gänze durchspielte, änderte sich das.

"Für mich als Fan war das eine sehr spezielle, aufregende Sache", erzählt Gabriel im Interview mit dem KURIER. "Und weil ,So‘ mein populärstes Album ist, dachte ich, wenn ich so eine Album-Show mache, dann damit."

Schon seit 2012 ist der Ex-Sänger von Genesis deshalb mit der "Back To Front"-Tour unterwegs. Sonntag und Montag macht der 64-Jährige Brite damit in der Grazer Stadthalle und der Salzburgarena Station. Aber – wie der Name andeutet – ist diese Show weit mehr, als nur das reine Abspielen des legendären "So"-Albums, das die Super-Hits "Sledgehammer" und "Don’t Give Up" hervorbrachte und dem damals 36-Jährigen den endgültigen Durchbruch als Solo-Sänger bescherte. Denn Gabriel macht dabei einiges anders.

Schaffensprozess

"Die Idee war, nicht nur das fertige Produkt, sondern auch den Schaffensprozess und die Entstehung von Songs zu zeigen", sagt er. "Deshalb werde ich zuerst an einem oder zwei neuen Songs, die noch nicht fertig sind, weiterarbeiten. Dann spielen wir einen halb-akustischen-Teil, der zeigen soll, wie wir bei Proben arbeiten. Zum Schluss kommt das ,So‘-Album zur Gänze durchgespielt." So lässt die "Back To Front"-Tour mit weiteren Hits wie "Solsbury Hill" oder "Digging In The Dirt" und "Biko" im Proben-Teil und in der Zugabe keine Wünsche offen.

Schon vor einem Jahr war Peter Gabriel damit in der Wiener Stadthalle zu Gast. Dass die Österreich-Tourdaten so unzusammenhängend sind, liegt daran, dass Gabriel immer nur für ein oder zwei Monate im Jahr auf Tour geht. Denn erstens hat er 2002 zum zweiten Mal geheiratet, hat zwei Söhne im Alter von 13 und 6 Jahren und will Zeit für die Familie haben. Zweitens will er jede Menge anderer Projekte vorantreiben.

Gabriel ist Mitbesitzer von Solid State Logic, dem weltgrößten Hersteller von Mischpulten. Er betreibt die Real World Firmen Gruppe mit Studio, Platten-Label und Film-Produktion. Dazu ist er Gründer von WOMAD, einer Stiftung, die Musik- und Kulturfestivals in mehr als 40 Ländern organisiert und Bildungsprogramme und Workshops fördert. Das Hauptinteresse Gabriels bei den meisten dieser Projekte: Der technische Fortschritt.

Menschenrechte

"Mein Vater war Elektro-Ingenieur", sagt er. "Er hat immer an Dingen für die Zukunft gebastelt. Ich habe zwar nicht seine diesbezüglichen Fähigkeiten geerbt, aber seine Leidenschaft. So hatten wir zwei Jahre vor iTunes eine digitale Download-Plattform online."

Aber noch wichtiger als der Einsatz von Technik in der Musik ist ihm ihre Nutzung in Bezug auf die Förderung der Menschenrechte. Das jüngste Projekt dabei: "With Syria", eine im Februar gestartete Kampagne seiner Organisation "Witness", die Leute in Krisengebieten mit Videokameras versorgt, um Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren.

"Wir haben damals versucht, Leute, die die Regierung bekämpft haben, zu unterstützen. Aber seither ist mit dem IS die dortige Situation extrem kompliziert geworden. Denn der Feind deines Feindes ist noch lange nicht dein Freund. Aber wir haben nach wie vor unglaublich tapfere Leute dort, die helfen, zu dokumentieren, was vorgeht. Wenn das auch nicht unbedingt zum Frieden führen wird, glaube ich trotzdem, dass die Transparenz und die Möglichkeit, das Wissen um die Wahrheit in die Welt zu tragen, ein wichtiger Beitrag zu Veränderungen ist. Denn ohne der Wahrheit gibt es keine Freiheit."

Zur Person: Peter Gabriel

Werdegang
Peter Gabriel wurde am 13. 2. 1950 in Chobham in England geboren. 1967 gründete der Multi-Instrumentalist mit den Schulfreunden Tony Banks und Mike Rutherford Genesis. Als Leadsänger und Mastermind hinter Konzept-Alben wie „The Lamb Lies Down On Broadway“ und den ausgeklügelten Shows prägte er den Erfolg der Band entscheidend mit. 1975 verließ er die Band um als Solo-Künstler weiterzumachen.

Österreich-Shows
Peter Gabriel tritt am 23. November in der Stadthalle in Graz und am 24. November in der Salzburgarena auf.