Pete Doherty live in Wien: Mal reizvoll, mal nachlässig
Die gute Nachricht: Pete Doherty stand Montagabend tatsächlich wie geplant auf der Bühne des WUK in Wien. Und: Er ließ die Menge in dem ausverkauften Spielort nur zehn Minuten warten. Da hat man in diesem Land – abgesehen von den vielen Absagen des Paradejunkies der britischen Indie-Szene – schon weit Schlimmeres erlebt.
Doch das Konzert des 40-Jährigen, der mit der Band Libertines groß wurde und dann solo und mit den Babyshambles weitermachte, war eine von A bis Z zwiespältige Sache.
Immer wieder blitzte auf, was für ein Talent in Doherty steckt – erstens als feinfühliger Songwriter, zweitens als einnehmender Interpret und Performer. Außerdem brachte seine neue Band Puta Madres, mit der er im April das oft unterschätzte selbstbetitelte Debüt-Album veröffentlicht hat, mit Keyboarderin Katia De Vidas mehr Variantenreichtum ins Spiel. Immer wieder änderte sich die Dynamik im Set, das bunt Songs aus allen Schaffensphasen von Dohertys Karriere mischte. Mal drängten sich Synthesizer zwischen die üblichen ruppigen Garage-Rock-Sounds, mal war man an die frühen Tage von Blur erinnert, mal klang Doherty wie ein einsamer, geschundener Singer/Songwriter.
Da war er am stärksten: Immer wieder regte sich die Gänsehaut, wenn er alleine zu wenigen Tönen seiner Gitarre oder des Keyboards die ausdrucksstarke Stimme erhob und die Traurigkeit aus den Lautsprechern quellen ließ.
Doch es gab auch viele Stellen, an denen Doherty mit seiner Band jammte. Dann stand er oft mit dem Rücken zum Publikum und spielte als wären ihm die Zuschauer egal. Dann ließ er katastrophal schlechte Soli hören, zupfte auf den Saiten seiner Gitarre rum wie ein Anfänger, der sich jeden Ton suchen muss und dabei nicht merkt, dass irgendwo irgendwas verstimmt ist.
Schon klar: Chaos und Unberechenbarkeit gehören zu Doherty, machen viel von seinem Charme aus und sind auch schon so ein Markenzeichen geworden, dass er solche Einschübe vielleicht bewusst forciert. Aber bei all den beeindruckend schönen anderen Momenten: Im WUK wurde das immer wieder zu viel des Guten.