OTTOs GeSCHENK
Von Dieter Chmelar
Bei Schenks zu Hause ist ein eigenes Stück. Wie die Eheleut’ – seit bald einem halben Jahrhundert – miteinander spielen, ist zärtlich und zauberhaft. Es wirkt oft wie lauter Zank und leiser Zynismus und ist doch nix wie "unzerreißbare" Zuneigung. Für den Erzkomödianten Otti (Eigendefinition: "Theaterer") hat seine Renée 1956 ihre Schauspielkarriere aufgegeben. Er macht sich seither Vorwürfe.
Punktgenau zum 85. Geburtstag feiert Schenk nun in der Stadthalle (12. Juni, 20 Uhr, oeticket.com) statt in der Josefstadt, die er einst (1988–1997) als Direktor führte und zeitlebens als Zugpferd füllt(e).
KURIER: Es hieß, man hätte Sie ohnedies mit einem Stück ("For-ever Young") beschenkt ...
Otto Schenk: Was ist das für ein Geschenk – Arbeit? Dann haben sie mir die Kammerspiele als Schauplatz für ein Fest angeboten. Die sind doch zu klein. So traf sich dieser Lapsus mit dem Wunsch nach einer würdigen Wertschätzung eben an anderer Stelle.
Es winkt eine Doppelconference mit Michael Niavarani, Sie werden die 50-köpfige ungarische Kammerphilharmonie dirigieren, dem Staatsopernchor, Laudator Dominique Meyer und dem Duett Unterreiner/Fally lauschen. Mildert das die Mühen des Alters?
Spüren Sie Materialermüdung?
Der letzte Kopfstand auf der Bühne ist schon gute zehn Jahre her ("Othello darf nicht platzen"). Und mit dem Eislaufen war Schluss, als mich einer angerempelt hat – und zum ersten Mal in meinem Leben nicht er, sondern ich am Boden lag.
Wann sind Sie denn zuletzt aufs Eis tanzen gegangen?
Neulich. Und Sie wissen ja, was neulich in meinem Alter bedeutet: meistens fünf Jahre. Was das Körperliche betrifft, fehlen mir viele Einzelheiten. Die Beine zum Beispiel – und die Luft. Aber ich nütze mittlerweile meine Gebrechen am Theater wie ein Quicktänzer (reifer Gigolo) zu Sekunden der Geschicklichkeit. Man spielt alte Rollen natürlich besser, wenn man schon eine gewisse Erfahrung mit dem Scheitern hat. Man sollte wissen, dass man im Alter viel Lächerliches tut und man sollte lernen, darüber zu lachen. Das Wichtigste ist Zärtlichkeit, sie währt am längsten. Dazu gehört auch Unfreundlichkeit – das ist nicht untypisch für eine gute Freundschaft und sogar für eine große Liebe. Die beste Basis ist die Unkenntnis der Schwächen.
Wie haben Sie Ihre Frau erobert?
Ihre Frau ist immer im Hintergrund. Warum eigentlich?
Was wären Sie gern geworden?
Was fehlte Ihnen dazu?
Die Stimme. Als Sänger hat man Gefühle zur Verfügung, die man als Schauspieler nie zeigen kann. Im Film geht mir Musik eher auf die Nerven.