Der nackte Oscar-Präsentator
Von Peter Temel
Ellen DeGeneres legte die Latte im Vorjahr als Oscar-Präsentatorin hoch: Mit ihrer Pizzabestellung und dem Rekord-Selfie sorgte sie tagelang für Aufsehen in den sozialen Medien. Neil Patrick Harris zeigte sich bei der 87. Oscar-Verleihung hingegen etwas verhalten.
Beim Schwenk auf Benedict Cumberbatch sah man den Briten an einem Flachmann nippen, noch überraschender dann die Aktion von Jack Black. Der Schauspieler stand plötzlich auf, und bereitete dem Schwelgen in Hollywood-Romantik ein abruptes Ende. In einer Tirade sang er gegen die Blockbuster- und Fortsetzungs-Maschinerie an, deutete dann ein Selfie an, bevor Harris dann wieder übernahm und die Showeinlage brav zu Ende brachte.
Allzu schaumgebremst waren dann auch die weiteren Gags des "How I Met Your Mother"-Stars. Als er ein paar Platzhalter im Publikum ansprach, sogenannte "Seat-Filler", wenn die echten Stars anderswo zu tun haben, war dies noch der Höhepunkt. Mit Steve Carrell, den er bewusst mit einem Platzhalter verwechselte, hätte es sich trefflich scherzen lassen. Harris ließ diese Chance aber aus und versuchte mit gespielter Aufgeregtheit zu punkten.
Ein kurzweiliger Höhepunkt gelang dann zur Mitte der Show mit einer (Beinahe-)Nacktszene. Als Parodie auf "Birdman" klemmte Harris hinter der Bühne seinen Bademantel in einer Tür ein und musste, nur mit einer Feinripp-Unterhose bekleidet, zurück zur Bühne zu seinem nächsten Auftritt schreiten. Nach einigen Autogrammen ging er an Miles Teller aus "Whiplash" vorbei, der gerade ein Schlagzeug-Solo spielte. Harris drehte sich um, und schrie: "Das ist nicht mein Tempo!" Da erinnerte Harris nicht nur an den sadistischen Schlagzeuglehrer aus dem Musikderdrama, sondern auch an seine Paraderolle des Barney Stinson.
Letztlich setzte er als Präsentator keine neuen Maßstäbe und war weitgehend mit angezogener Handbremse unterwegs. Insgesamt war es eine Oscar-Gala, die mehr auf Gefühle als auf Komik setzte.