Klarer Sieg für zornigen Thrash-Metal
Blue Stage: 21.15 Smashing Pumpkins, 23.10 The Cure. Red Stage: 21.45 Anthrax, 23.25 Slayer. Das war das Programm am zweiten Tag des Nova Rock 2019. Und das Match anspruchsvoller Goth- und Alternative-Rock auf der Blue Stage gegen brachiale Thrash-Metal-Sounds auf der Red Stage ging Freitagabend in denn Pannonia Fields bei Nickelsdorf eindeutig zu Gunsten der Metaller aus.
Vor allem bei Slayer war der Bereich vor der Red Stage voll wie nie. Die Party schwappte bis in den „Highway To Hell“, die Fressmeile des Nova Rock-Geländes über. Was möglicherweise auch ein wenig der Tatsache geschuldet war, dass das der letzte Slayer-Auftritt auf österreichischem Boden war.
Aufschrei
Die Band gehört (mit Metallica, Anthrax und Megadeth) zu den sogenannten „Big Four“ des Thrash-Metal, und sogar unter Musiker-Kollegen gab es einen entsetzten Aufschrei, als Slayer ankündigten, ihre letzte Tour zu starten. Aber Bassist Tom Araya und Gitarrist Kerry King, die zusammen durch so viele Karriere-Tiefs gegangen waren, Kontroversen, Umbesetzungen und den Tod von Gitarrist Jeff Hannemann überstanden haben, wollen aus gesundheitlichen Gründen aufhören, haben – auch wegen des exzessiven Headbangings – Rücken- und Wirbelsäulen-Probleme.
Aber diesen Massenzuspruch am Nova-Rock hätten sich die Kalifornier auch ohne diesen „Letzte-Chance“-Bonus verdient. Denn immer noch spielen sie höllisch schnell, höllisch wütend und singen beängstigend düstere Melodien mit beängstigend bösen Texten. Und am Nova Rock taten sie das einmal mehr mit einer Leidenschaft, die so manchem Zuhörer klar machte, dass der Szene sehr viel abgehen wird, wenn Slayer in Pension sind.
Gut in Form zeigten sich davor auch Anthrax. Sie brachten das Publikum mit Klassikern wie „I Am The Law“ und „Indians“ auf Touren und versicherten backstage, dass sie sicher nicht so bald aufhören werden.
Stimmungskanonen
Drüben auf der Blue Stage taten sich derweil die Smashing Pumpkins schwer, das Publikum bei sich zu halten. War das Gelände dort bei den verlässlichen Stimmungskanonen Dropkick Murphys, die mit ihrem von irischer Volksmusik beeinflusstem Celtic-Punk und überschäumender Spielfreude begeistern konnten, noch voll, war bei Band-Boss Billy Corgan und seiner Truppe die Hälfte zu Anthrax oder den Bier- und Burger-Buden abgewandert.
Da half es auch nichts, dass der ausgewiesene Egomane (er sieht sich in einer Bestenliste der Rockidole nach Lou Reed auf dem zweiten Platz) für diese Tour eine Reunion mit den Gründungsmitgliedern eingefädelt hat. Allerdings nicht mit allen. Bassistin D’arcy Wretzky ist nicht mit dabei. Sie wurde zwar von Corgan zuerst auch eingeladen, mitzumachen, dann aber wieder ausgeladen.
Dafür waren in Nickelsdorf Drummer Jimmy Chamberlin und Gitarrist James Iha wieder mit Corgan auf der Bühne. Sie zeigten deutlich, warum die Besetzung mit ihnen die berühmteste war. Beide sind versierte Könner an ihren Instrumenten, spielten souverän und lässig die kniffligsten Parts.
Die machten an dem Abend viel vom Zauber des Sets der Smashing Pumpkins aus. Songs wie „Bullet With Butterfly Wings“ oder „Disarm“ leben vom Wechselspiel zwischen nachdenklich und aggressiv, zwischen versponnen Synthie-Sounds und strammen Gitarren, aber auch von komplexen Arrangements und ausgefeilten Songstrukturen.
Reserviert
Auch wenn Corgan am Nova Rock gewohnt reserviert und überheblich rüberkam, klang seine Band doch um einiges engagierter und kraftvoller als noch 2011 beim Auftritt im Wiener Gasometer. So, dass die, die vor der Blue Stage geblieben waren, überzeugt waren, dass sich diese Band mehr Zulauf verdient hätte.
Ein rundum schönes Set lieferten danach auch The Cure – und zogen mit ihrem anspruchsvolleren Sound gegen die entfesselt dahin bretternden Slayer auf der Red Stage deutlich den Kürzeren. Genauso unverdient wie die Smashing Pumpkins davor im Publikumszuspruch Anthrax unterlagen.
Frontmann Robert Smith –mit der wie üblich struppigen Mähne und den wie üblich mit schwarzem Kajal ummalten Augen – legte sich richtig in Zeug, spielte 29 Songs (doppelt so viele wie die Smashing Pumpkins) und konnte die Stimmung vom Beginn mit „Shake Dog Shake“ an kontinuierlich aufbauen und steigern. Auf flächigen Synthesizern basierende Wave-Songs wechselten mit Gitarre-lastigeren Goth-Hymnen, wobei Smith diesmal weit mehr Soli Reeves Gabrels überließ. Der Ausnahme-Musiker spielte 12 Jahre lang in der Band von David Bowie, bevor er 2012 zu The Cure kam und jetzt immer mehr zu einem unverzichtbaren Teil dieser Band wird.
Wie immer kamen die bekanntesten Songs von The Cure in einer langen Zugabe, bei der die, die da geblieben waren, mit „Lullaby“, „Friday I’m In Love“ und „Boys Don’t Cry“ all ihre Wünsche erfüllt bekamen.