Kultur

Neo Rauch und Rosa Loy erstmals im Essl

Es muss schwierig sein, nicht mit einem Maler oder Künstler, sondern mit einem Phänomen verheiratet zu sein. Als solches wird Neo Rauch immer wieder bezeichnet: Seine Bilder erzielen am Markt mittlerweile Preise in Millionenhöhe, und im Vorjahr, als der Maler seinen 50. Geburtstag feierte, pilgerten nicht weniger als 287.000 Menschen in die zwei Retrospektiven in Leipzig und München.

Die nun im Essl Museum Klosterneuburg eröffnete Schau "Hinter den Gärten", die zentrale Arbeiten Rauchs gemeinsam mit Gemälden und Zeichnungen seiner Frau Rosa Loy präsentiert, ist zu einem gewissen Grad als Trotzreaktion zu verstehen: Sie soll dagegen ankämpfen, dass Loy immer wieder als "die Frau, die auch malt" tituliert wird, obwohl ihre Karriere fast ebenso lang dauert wie jene Rauchs. Sie soll zeigen, dass Loy eben kein Phänomen, sondern einen gleichwertigen Kollegen geheiratet hat. Sie soll auch Stimmen jener Freunde verstummen lassen, die dem Paar gesagt hatten, dass eine gemeinsame Präsentation besonders für Loy nachteilhaft wäre.

"Eine atmösphärische Totaldusche in jedem Raum"

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Die Ausstellung, die das Künstlerpaar maßgeblich selbst gestaltet hat, drückt sich ein wenig um direkte Vergleiche herum: Nur in zwei Räumen sind Werke Rauchs und Loys nebeneinander gehängt, sonst bespielt jeder seine eigenen Kabinette und Nischen: Eine "atmosphärische Totaldusche in jedem Raum" nennt es der Maler in jenem Redestil, der nicht unwesentlich Teil des Phänomens Neo Rauch ist. Die Gesamtschau ist für ihn dann auch "eine Conjunctio, die dem Stein der Weisen schon ziemlich nahekommt."

Vergleiche sind im Wechselbad von Loys und Rauchs Malerei dennoch unausweichlich: Etwa bei den Gesichtern, bei Loy fast nur weiblichen mit großen Augen, die aus Gemälden von Balthus oder Francesco Clemente, aber auch aus Kinderbuchillustrationen stammen könnten. Ob sie bewusst schematischer angelegt sind als die perfekt modellierten Köpfe in Rauchs Bildern oder einfach schlechter gemalt, bleibt in der Schau unklar.

Hänsel und Gretel des Kunstbetriebs

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Gemeinsam ist beiden Künstlern der Sinn für surreale Szenerien, für ineinander verschachtelte Räume und subtile Manipulationen des Blicks: In einem Bild wie Loys "Wanderung" (2008) öffnet sich zwischen zwei Kindern der Blick in eine Landschaft, an deren Rand ein Gartenzwerg wie in einem Bild von Caspar David Friedrich steht und schaut. Im Bild "Rote Narzisse" (2006) schaut eine Frauenfigur von ihrem Spiegelbild im Wasser auf und bindet den Betrachter direkt ein.

Immer dann, wenn man dachte, einer Geschichte auf die Spur gekommen zu sein, klopfen bei den beiden Malerei und Komposition mit ihren Eigengesetzlichkeiten an: In Rauchs "Bergfest" schicken etwa die Pfosten, die Gesten und Blicke der Figuren den Blick des Betrachters wie eine Flipperkugel umher. Erzählerisch bleibt Rauch rätselhafter als Loy, die sich oft an einer - weiblich dominierten - Märchenwelt abarbeitet und auch einmal Rotkäppchens Korb mit Kuchen und Wein in ein Bild packt.

Dass Rauch und Loy einen Titel in Frakturschrift vor die Schau setzten und den Katalog so gestalteten, dass er auch als illustrierte Edition von Grimms Märchen durchgehen könnte, legt nahe, dass den beiden eine Rolle als Hänsel und Gretel des Kunstbetriebs nicht ganz unrecht ist. Doch vielleicht ist es gerade die retromäßig-romantische Inszenierung, die dazu anstachelt, im Werk der beiden auch Humor und Ironie zu entdecken. Das Essl Museum ist ein guter Ort, um mit der Suche zu beginnen.

Info: Im Doppelpack: Rosa Loy und Neo Rauch

Die Künstler Rosa Loy (geboren 1958) und Neo Rauch (geboren 1960) studierten beide an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. 1985 heirateten sie. Mit dem Boom der "Neuen Leipziger Schule" wurde besonders Rauch in den 1990er-Jahren zu einem Star der internationalen Kunstwelt.
Die Schau "Hinter den Gärten" zeigt rund 80 Gemälde und Zeichnungen von Rosa Loy und Neo Rauch. Teilweise stammen die Arbeiten aus den persönlichen Archiven der Künstler.

Bis 16. November, Essl Museum, Klosterneuburg (Di.-So. 10- 18 Uhr, Mi. 10-21 Uhr)

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