Kultur

MVK: Das "unbekannteste Museum Wiens"

Es gibt mit Sicherheit bessere Werbesprüche – aber so recht widersprechen kann man dem neuen Direktor des Museums für Völkerkunde (MVK) in Wien, Steven Engelsman, nicht: Das MVK "ist vielleicht das unbekannteste Museum Wiens", sagt Engelsman im KURIER-Interview. Und genau das will er ändern.

Jahrelang geschlossen, nun im Zuge von Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen nur teilweise zugänglich, ist das prunkvolle, an der Seite der Nationalbibliothek gelegene Museum "verelendet", sagt Engelsman. Und der 62-jährige Niederländer, der seit 1992 das Völkerkundemuseum in Leiden leitete und im Oktober 2011 als neuer Direktor des MVK designiert wurde, sieht es als "schöne Aufgabe für die letzten fünf Jahre meiner Karriere", dem Haus da rauszuhelfen.

 

Geld

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"Oh nein, das wird nicht ohne zusätzliches Geld abgehen", sagt Engelsman. Bis Herbst will er einen "Aktionsplan" vorlegen und darlegen, "wie ich das Museum neu einrichten will und was das in etwa kosten wird". Als "unglaublich wichtige" Bestandteile sieht Engelsman etwa einen Gastronomiebereich auf der Burggartenseite (dadurch entstehe "ein ganz anderes Museum") und optische Locksignale ("einen riesigen goldenen Buddha") beim Haupteingang. Die Kosten: ein "beträchtlicher zweistelliger Millionenbetrag" irgendwo zwischen 10 und 20 Millionen Euro. Wie viel genau, werde im Herbst klar sein.

Als unrealistisch empfindet Engelsman das nicht: Laut Sabine Haag, Direktorin des dem MVK organisatorisch übergeordneten Kunsthistorischen Museums, habe das Kulturministerium Bereitschaft für eine Zusatzfinanzierung signalisiert. Für den laufenden Betrieb des MVK bekomme des Kunsthistorische Museum vom Kulturministerium pro Jahr 4,3 Millionen Euro überwiesen. "Das ist eine Summe, mit der man wirtschaften kann", beziehungsweise könnte: Denn im MVK selbst kommen letztlich nur 350.000 Euro an. Das Geld "verteilt sich", über den KHM-Verbund wird Ausstellungsdienst, Öffentlichkeitsarbeit, Personal abgerechnet. "Irgendwie müssen wir sehen, dass wir diese 4,3 Millionen, die wir bekommen, auch verwenden" können, sagt Engelsman. Hat das Konfliktpotenzial mit Haag? "Das glaube ich absolut nicht."

Das MVK aus dem Museumsverbund herauszulösen – wie verschiedentlich überlegt wurde, insbesondere in einer Fusion mit dem Volkskundemuseum –, daran denkt Engelsman nicht. Aber bei gewissen übergreifenden Themen – Migration, Identität, Globalisierung – sei man einer Zusammenarbeit gegenüber aufgeschlossen.

Umbenennung

Eine Fragestellung für die Neupositionierung ist auch der "komplizierte" Name, betont Engelsman. Er überlegt Alternativen wie "Der Kaiser und die Weite Welt" oder "Die Internationale Schatzkammer Österreichs", damit klar wird, "was für Weltklasse-Schätze hier lagern, die man gar nicht in Wien erwarten würde: Wer denkt, dass die Sammlung von James Cook in Wien ist?"

Derzeit aber gehen "unglaublich viele Touristen" an diesem "fantastischen Ort" vorbei, so Engelsman. Obwohl "das Haus den Schätzen der Kunstkammer ebenbürtig ist. Das muss doch gezeigt werden."

Das Ziel des Direktors: "Spätestens ab 2013 muss das Museum wieder wahrgenommen werden, muss man sich sagen: Mensch, da kommt dieses Museum wieder zurück." Und eine Zielvorgabe hat Engelsman noch, nämlich den Tag, an dem man am Museum für Völkerkunde nicht mehr vorbeigehen kann, ohne hineinzugehen: "2017, dann geh’ ich nämlich wieder."

Völkerkunde: Sanierung in Etappen

Sammlung Das Museum für Völkerkunde in Wien hat eine der höchstwertigen Sammlungen in diesem Bereich. Versammelt sind 200.000 ethnografische Gegenstände, 75.000 historische Fotografien und 144.000 Druckwerke. Zu den Schätzen gehört u. a. auch die Federkrone des Montezuma.

Museum Das Haus, das zum Verbund des Kunsthistorischen Museums gehört, wurde in Etappen generalsaniert, seit 2007 ist es wieder (vorerst teilweise) zugänglich. Aktuelle Ausstellung: "Jenseits von Brasilien" (bis 7. Jänner 2013).

www.ethno-museum.ac.at