Kultur

MUMOK: In diesem Haus macht Askese Spaß

Der erste Raum ist schon einmal eine Ansage: Er ist fast leer. Allein eine dürre Skulptur von Alberto Giacometti steht vom Lift aus sichtbar in der Tür und empfängt die Besucher: Willkommen im neuen MUMOK, scheint sie zu sagen, dem Museum der Askese und der Zurückhaltung.

Was zunächst wie eine ästhetische Diät für Krisenzeiten erscheinen mag, entpuppt sich allerdings bald als ein fulminanter Pfad in die Kunstgeschichte, der nachhaltig in Erinnerung ruft, was moderne Kunst ist, was sie will - und wofür das MUMOK steht.

Ungewohnte Klarheit im barock-sinnesfreudigen Wien

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Der neuen Direktorin Karola Kraus ist es gelungen, die Essenz ihres Museums zu erspüren und in einer Klarheit zu zeigen, die man im barock-sinnesfreudigen Wien so nicht gewohnt ist. Kraus' Strenge hat dabei nichts Furchteinflößendes oder gar Belehrendes. Die Schau, die sich durch alle Ausstellungsräume des frisch umgebauten Hauses zieht, kommt auch ohne erklärende Texte und Kapitelüberschriften aus.

In überschaubaren Abteilen zeigt Kraus stattdessen, dass Kunstwerke tatsächlich miteinander sprechen, wenn man ihnen nur Platz dazu lässt: Die abstrakten, in der Form an TV-Schirme erinnernden Relief-Objekte des Polen Henryk Stazewski (ein Ankaufswunsch des Museums) unterhalten sich etwa rege mit den schwebenden Elementen im Mobile von Alexander Calder, einen Stock tiefer hat das streng nach Vorschrift auf die Wand gezeichnete Linienmuster von Sol Lewitt viel von einem "gekritzelten" Werk Cy Twomblys zu erfahren.

Wohl folgt die Ausstellung in ihrer Abfolge einem chronologischen Faden, und die Werke der einzelnen Abschnitte sind mehr oder weniger klar bestimmten Stilen zuzuordnen. Doch wer bisher versuchte, sich an einer einmal gelernten Kette von "-Ismen" vom Impressionismus bis in die Gegenwart zu hanteln, wird auf sein ästhetisches Gefühl und sein Augenmaß zurückgeworfen.

Ohne Worte

Natürlich hilft ein geschulter Blick und einiges Wissen beim Weg durch die Schau. Doch reduzierte Kunst von Yves Klein bis Imi Knoebel fordert dazu heraus, selbst zu differenzieren und sich zu orientieren, und wo nur vier Werke im Raum hängen, ist der Sinn auch nicht so rasch überfordert: Hier kann Kunst wirklich helfen, einen klaren Kopf zu bekommen. Allein Konzeptuelles (z. B. das Werk "Ein Jahrhundert" von Hanne Darboven) bräuchte erklärende Worte.

Dass Kraus weiß, wie man eine so intensive Auseinandersetzung herbeiführt, ist ein Aspekt ihrer Kompetenz, den man anhand ihrer Aussagen bisher vielleicht nicht verstehen oder schätzen konnte: Tatsächlich stehen Worte der Kunst oft im Weg.

Dass die Schau konkrete Ziele verfolgt, hat Kraus oft betont: 37 der insgesamt rund 250 gezeigten Werke sind "Wünsche", die mithilfe von Mäzenen angekauft werden sollen. Der kühnste Wunsch - ein Gemälde von "Blinky" Palermo (1966) um drei Mio. Euro - sieht Kraus "als ein Signal, dass so ein Künstler in unserer Sammlung nicht fehlen soll."

Heimo Zobernig und Cindy Sherman

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Bereits erfüllt wurde u. a. der Wunsch nach einem Bild von Heimo Zobernig, der auch den neuen Kinosaal im Souterrain gestaltete und langsam den Status eines MUMOK-Hausheiligen genießt. Ebenfalls gekauft wurde ein Foto von Cindy Sherman: Sie gestaltete zudem die erste der künftig wechselnden Tapeten im gelungenen, äußerst freundlichen neuen Eingangsbereich des Museums, in dem Platz für ein Café und generell mehr Raum zum Atmen geschaffen wurde.
Das MUMOK ist also kein Haus der Entbehrungen, sondern durchaus eines der Erbauungen geworden.

MUMOK: Offene Türen am Samstag

Eröffnung: Am Freitag werden das umgebaute MUMOK und die Schau "Museum der Wünsche" im Beisein von Kulturministerin Claudia Schmied eröffnet.

Samstag: Am 10. 9. folgt ein Tag der offenen Tür bei freiem Eintritt (10 -19 Uhr). Am Programm stehen stündliche Führungen, Atelier-Workshops etc.

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