Kultur

"Mein Job war, Kunst teuer zu machen"

Ich habe nie gedacht, dass ein Werk zu teuer ist“, sagte Tobias Meyer, als er am Montag im Kunsthistorischen Museum (KHM) in Wien zu Gast war. „Die Reichen haben immer Kunst gewollt, und sie waren stets bereit, dafür zu zahlen, was sie auch für ein schönes Haus zahlen würden.“

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Meyer hat wie wenige Menschen sonst Zugang zur globalen Kunstkäufer-Elite. Als Chefauktionator bei Sotheby’s, wo er 1992 angeheuert hatte, war er für einige der höchsten Zuschläge der vergangenen Jahrzehnte zuständig. Man spiele dabei immer auch ein wenig Theater, sagte Meyer im KHM: "Als Auktionator werde ich vom Einbringer des Kunstwerks dafür engagiert, das Werk so teuer wie möglich zu machen." Meyer beherrschte sein Handwerk gut, das Magazin The New Yorkernannte ihn einen "Alchemisten", wegen seiner Fähigkeit, von Bietern immer höhere Summen herauszukitzeln.

Die Liste von Meyers Rekorden ist lang; der Preis für Edvard Munchs „Schrei“ stieg 2012 unter seiner Regie auf 120 Millionen US-Dollar. „Ab 70 Millionen waren aber nur mehr zwei Bieter dabei“, erzählte Meyer und bekräftigte, dass das Top-Ende des Kunstmarkts von einer Handvoll Käufern bestimmt werde: „Die Auktionshäuser müssen pro Jahr nur zwei neue solche Leute gewinnen, und der Markt verändert sich.“

Auch die Top-Käufer gustieren dabei im Internet. Und gut reproduzierbare Kunst – wie das in starken Farben gehaltene Gemälde „White Center“ von Mark Rothko, das Meyer 2007 um 72 Mio. Dollar „verklopfte“ – habe es dabei leichter als solche, die sich erst im Original erschließt, erzählte Meyer. Die Werke des renommierten Cy Twombly etwa, die oft nur hauchdünne Bleistift-Kritzelstriche auf Leinwand zeigen, hätten es aus diesem Grund bei der internationalen Auktions-Klientel immer schwer gehabt.

Milliardäre auf Instagram

"Im Instagram-Zeitalter", so Meyer, seien bei der Käuferschaft zudem Star-Namen wichtig: „Es gibt noch Avantgardekünstler, aber der Markt akzeptiert sie nicht.“

Mit dem Bild des Künstlers als Außenseiter und Rebell fängt Meyer, der 1963 als Sohn von Hamburger Geschäftsleuten geboren wurde und sein Studium in Wien absolvierte, wenig an: Die Künstler seien heute Teil der Elite, die ihre Werke kauft, sagte Meyer. Einige wenige - wie etwa der Sammlerliebling Jeff Koons (Bild) - seien auch fast so reich wie ihre Klienten.

Vieles ließe sich an dieser abgekoppelten Welt auch kritisieren - etwa, dass im Top-Segment des Kunstmarktes immer mehr wichtige Kunst in Depots und Zollfreilagern verschwindet und für Museen und Ausstellungen schwer greifbar wird. Doch entsprechende Töne hörte man aus Meyers Mund nicht. Der Experte, der seine Karriere einst beim Kunsthändler Czeslaw Bednarczyk in der Wiener Dorotheergasse begann und seit seinem Abgang bei Sotheby’s 2013 privat Kunstkäufe vermittelt, spielt einfach nach den Regeln des Systems. "Der Kunstmarkt", sagte er, "ist ein großes Tier, das immer Futter will. Doch er füttert auch viele Menschen."