Verstörende Bilder: Jon Bon Jovis täglicher Kampf um die Stimme
Jon Bon Jovi steht in einem Keller, sortiert Kassetten von Demos seiner Band aus den 80er-Jahren und kommentiert das mit einer Stimme, die so rau ist, dass das Zuhören fast wehtut. Verloren, einsam und deprimiert wirkt der Sänger einer der berühmtesten Rockbands der Welt in dieser Szene der Doku-Serie „Thank You, Goodnight – The Bon Jovi Story“.
Es sind verstörende Bilder, die Regisseur Gotham Chopra an den Beginn des ersten von vier Teilen seiner filmischen Band-Biografie gestellt hat. Allerdings lernt man schnell: Jon ist im Keller, weil er eine Stimmband-OP hatte, deshalb vier Wochen keinen Ton singen darf .
Die Doku bietet die ultimative Rückschau auf die Karriere, aber auch auf Jons persönliche Tortur der letzten Jahre. Ausgangspunkt sind die Proben zu einer 15-Städte-US-Tour von 2022, die einem einzigen Zweck dient: Zu sehen, ob Jon es mit seiner Stimme noch einmal schaffen kann, auf Tour zu gehen. Die Kameras begleiten dabei jeden seiner Schritte. Man sieht, wie er mit einem Stimmtrainer arbeitet, sich Hals, Nacken und die Gesichtsmuskeln massieren lässt, den Kehlkopf mit einem Laser bestrahlt, Medizin nimmt und bei Ärzten vorspricht. Denn: „Das Ende der Band wird nicht sein, dass ich nicht alles versucht habe.“
Drastisch
Einmal beginnt er fast zu weinen, weil die Stimme versagt, er schlechte Kritiken bekommen hat und denkt, dass er aufgeben muss. Noch drastischer wirken diese Szenen, weil die Band-Geschichte dazwischen geschnitten ist. Zahlreiche interviewte Beteiligte (u. a. Bruce Springsteen) machen deutlich, wie sehr Jon die Musik liebt und dass er nie etwas anderes machen wollte.
Einmal klagt Jon auf der 2022er-Tour verzweifelt, dass man ihm zu einer Stimmband-OP geraten hat, dass das Resultat aber sein kann, dass er nie wieder singen wird: „Keiner versteht, dass dieses 120-Mann-Unternehmen Bon Jovi mit meinem Kehlkopf steht und fällt.“ Dann das Ende der Tour: Jon geht von der Bühne, hat gerade mit seiner Frau gesprochen: „Sie sagte: ,Es war nicht so großartig wie ich weiß, dass du es kannst.‘ Was ich gehört habe, war: ,Ab in die Pension!‘.“ Jon sagt der Band, dass das wahrscheinlich das letzte Konzert war, und entschließt sich für die OP: „Jetzt habe ich nichts mehr zu verlieren!“
Auch der Prozess der OP und die Genesungsphase ist zu sehen, und eine detaillierte Aufarbeitung des für Jon so schmerzlichen Abgangs von Gitarrist Richie Sambora, der ebenfalls interviewt wird.
Zum Schluss sieht man, wie Bon Jovi an ihrem am neuen Album „Forever“ arbeiten. Die Aufnahmen konnte Jon gut über die Bühne bringen, war überglücklich, dass es funktionierte. Aber ob seine Stimme es zulässt, dass Bon Jovi je wieder auf Tour gehen, er jeden Abend zwei Stunden lang Power geben kann, lässt er offen: „Ich bin auf einem guten Weg, arbeite jeden Tag daran. Aber wenn ich nicht 120 Prozent geben kann, werde ich es nicht machen.“